Das seidige, dichte und dennoch lockere Gefieder, das besonders an Hals und Nacken viel dicker wirkt, als es ist, ermöglicht den Eulen ihren unnachahmlich lautlosen Flug. Die samtartige Oberfläche der Federn ist so weich, dass jegliche Reibungsgeräusche vermieden werden. Außerdem sind die Federn der Flügelkanten, vor allem an den Handschwingen, mit feinen, kammartigen Zähnungen versehen, die den beim Fliegen entstehenden Luftstrom in zahlreiche kleine Wirbel zergliedern, wodurch jedes Geräusch, selbst im Ultraschallbereich, unterdrückt wird. Der lautlose Flug bringt den Eulen zwei Vorteile: Zum einen können sie sich geräuschlos ihrer Beute nähern, zum anderen wird so ihr extrem feines Gehör nicht durch Fluggeräusche gestört, was die Ortung der Beute erschweren würde.

Nicht zuletzt dieser lautlose Flug, aber auch ihre nächtlichen Rufe und ihr Aussehen mögen viel dazu beigetragen haben, dass Eulen seit Jahrtausenden im Mittelpunkt von Mythen und Geschichten stehen. Erstaunlich dabei, dass sie in unterschiedlichen Kulturkreisen Extreme verkörpern: Den einen, wie den Griechen der Antike, galt der Lieblingsvogel der Athene als Glücksbringer und Hüter der Weisheit, andere Völker verfluchten die Eulen als unheilvolle Nacht- und Totenvögel. In vielen Geschichten tauchen Eulen als verwandelte Hexen oder mit Hexen befreundete Wesen auf - und sogar die moderne Kinderliteratur haben sie in Gestalt von Hedwig, der Begleiterin des Zauberlehrlings Harry Potter erobert.

Aus: Bild-Wissensbibliothek "Tiere und Lebensräume" Bertelsmann Lexikon Verlag, 9,95 Euro.