Der Homo sapiens war nach dem Aussterben des Neandertalers offenbar nicht die einzige menschliche Spezies auf der Erde. Vor Zehntausenden von Jahren existierte mit dem kleingewachsenen Homo floresiensis vermutlich eine weitere Gattung. Das ergibt sich aus einer gestern im Jahrbuch der US-Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Studie.

Seit Langem ist in der Wissenschaft umstritten, ob es sich bei den Fundstücken um einzelne kleinwüchsige Exemplare handelt oder sich dahinter eine bisher unbekannte Menschenart verbirgt.

Wissenschaftler der Florida State University rekonstruierten jetzt am Computer ein dreidimensionales Bild des Schädelinneren eines Homo floresiensis. Von ihm waren Schädel und Gebeine auf der indonesischen Insel Flores gefunden worden.

Außerdem untersuchten die Forscher die Eigenheiten von zehn normalen menschlichen Gehirnen und die Besonderheiten von neun Gehirnen von Menschen, die unter einem krankhaft kleinen Schädel, sogenannter Mikrozephalie, litten. Bei diesem Leiden endet die Entwicklung des Hirns aufgrund einer Viruserkrankung vorzeitig.

Die Rekonstruktion ergab, dass der sehr kleine Schädel des Homo floresiensis nicht auf eine Mikrozephalie, also auf eine Erkrankung, zurückzuführen war. Vielmehr wiesen seine Hirnstrukturen der Studie zufolge alle Eigenheiten eines normal entwickelten menschlichen Hirns auf. Dies spricht für die umstrittene These, dass das Skelett einer eigenen Spezies zuzuordnen ist.

Die Überreste eines Homo floresiensis waren 2003 in einer Grotte ausgegraben worden. Das Alter des 1,06 Meter langen Skeletts wurde auf rund 18 000 Jahre geschätzt. Der Fund hatte Diskussionen in der Wissenschaft ausgelöst, die zuvor davon ausgegangen war, dass der Homo sapiens nach dem Verschwinden des Neandertalers vor 30 000 Jahren die einzige menschliche Spezies war.