Man warf dem Athener Philosophen Sokrates im Jahre 399 v. Chr. vor, durch seine Lehre die Jugend zu verderben und nicht an die Götter zu glauben. Sokrates war damals wohl 70 Jahre alt, er hatte bis dahin alle Bürgerpflichten, insbesondere den Wehrdienst in drei Bürgerkriegen, erfüllt. Er lebte äußerst bescheiden, da er seinen erlernten Beruf als Bildhauer nicht ausübte, sondern sich ganz der Philosophie widmete.

Sokrates selbst sah sich jedoch im Gegensatz zur Anklage als treuen Diener der Götter, insbesondere des Gottes Apollon, der ihn durch das Orakel von Delphi sogar selbst in seinem Tun bestärkt habe. Denn als ein angesehener Bürger Athens einmal das apollinische Orakel befragte, ob irgendjemand weiser sei als Sokrates, bekam er zur Antwort: keiner. Sokrates selbst bildete sich indes nicht ein, besonders weise zu sein.