Universum: Ein Blick in das erste billionstel der Entstehung

Amerikanischen Forschern ist es gelungen, einen Einblick in das erste billionstel der ersten Sekunde unseres Universums zu gewinnen. Mit unerreichter Genauigkeit konnten sie die Verteilung der Polarisation der kosmischen Hintergrundstrahlung - einer Art Fingerabdruck des Urknalls - messen. Nach Angaben der Forscher bestätigen die Daten die sogenannte Inflationstheorie, nach der sich der Kosmos in den ersten Sekundenbruchteilen der Existenz um viele Größenordnungen aufgebläht hat.

"Es erstaunt mich, daß wir überhaupt etwas über die erste Billionstelsekunde des Universums erfahren, aber es funktioniert", schwärmt Charles Bennett, der Chefwissenschaftler der amerikanischen WMAP-Mission. WMAP ist ein 2001 gestarteter Spezialsatellit zur Untersuchung der kosmischen Hintergrundstrahlung. "Niemals zuvor konnten wir das frühe Universum mit einer solchen Präzision untersuchen", so Bennett weiter.

Die ursprünglich heiße Strahlung des Urknalls ist durch die Expansion des Weltalls auf nur noch 2,73 Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. Winzige Schwankungen innerhalb dieser Strahlung liefern den Kosmologen Erkenntnisse über die Struktur und die Entwicklung des Universums. WMAP kann noch Temperaturunterschiede nachweisen, die nur ein millionstel Grad betragen.

Vor drei Jahren hatte die Nasa erste Ergebnisse der WMAP-Mission veröffentlicht. Damals hatte der Satellit die bislang genaueste Karte der Temperaturverteilung der Hintergrundstrahlung geliefert. Die Daten bestätigten das "Standardmodell" der Kosmologen, nach dem unser Universum 13,7 Milliarden Jahre alt ist und überwiegend aus "Dunkler Materie" und "Dunkler Energie" besteht. Die gewöhnliche Materie, aus der Sterne und Planeten aufgebaut sind, trägt nur mit vier Prozent zur Gesamtbilanz des Kosmos bei.

Die Schwerkraft der in den Galaxien und Galaxienhaufen sichtbaren Materie reicht bei weitem nicht aus, um diese auf Dauer zusammenzuhalten. Offenbar gibt es zusätzlich zur sichtbaren, leuchtenden Materie eine unsichtbare Materie, die sich nur durch ihre Anziehungskraft verrät. Die Forscher vermuten, daß diese "Dunkle Materie" aus bislang unbekannten Elementarteilchen besteht.

Ende der 1990er Jahre zeigte die Beobachtung ferner Sternexplosionen ("Supernovae"), daß die Expansion des Kosmos nicht, wie vermutet, durch die Schwerkraft langsam abnimmt, sondern sich im Gegenteil sogar beschleunigt. Worum es sich bei dieser "Dunklen Energie", einer Art Spannung des Vakuums, handelt ist sogar noch mysteriöser als bei der "Dunklen Materie".

Zwei weitere Jahre Meßzeit des WMAP-Satelliten lieferten den Forschern noch genauere Ergebnisse und bestätigten, daß unser Kosmos zu 22 Prozent aus "Dunkler Materie" und zu 74 Prozent aus "Dunkler Energie" besteht. Der Stoff, aus dem Sterne, Planeten und wir Menschen bestehen, ist also nur ein unwesentlicher Anteil des Universums. "Diese Vorstellung ist völlig verrückt", gibt der amerikanische Kosmologe Sean Carroll zu, "sie steht in keinerlei Bezug zu irgendeiner irdischen Erfahrung. Aber immer, wenn wir neue Beobachtungen im Weltall machen, bestätigen sie dieses Bild vom Universum."

Zudem gelang erstmals eine genaue Vermessung der Polarisation der Hintergrundstrahlung, also die Richtung, in der die Strahlung schwingt. Es handele sich um das schwächste kosmologische Signal, das je empfangen wurde, so Bennett: Seine Stärke betrage ein hundertstel der Stärke des Temperatursignals. Die gefundene Verteilung der Polarisation der Hintergrundstrahlung stimmt mit den Vorhersagen des "inflationären Szenarios" für die ersten Sekundenbruchteile nach dem Urknall überein. Danach hat sich der Kosmos in der ersten billionstel Sekunde um das zehn hoch 60-fache ausgedehnt - das ist eine Zehn mit 60 Nullen.

In die Polarisation der Hintergrundstrahlung hat sich auch die Entstehung der ersten Sterne eingeprägt. Sie leuchteten rund 400 Millionen Jahre nach dem Urknall auf und beendeten das "Dunkle Zeitalter" des Kosmos. Waren beim Urknall die leichtesten Elemente Wasserstoff und Helium entstanden, so produzierten diese ersten Sterne nun schwerere Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff und Eisen - Grundbausteine von Planeten und Leben.