Über den neuen Kurs des Deutschen Übersee-Instituts in Hamburg gibt es sehr unterschiedliche Ansichten. 50 Wissenschaftler arbeiten in der ehrwürdigen Einrichtung. Schwindet ihre Bedeutung als Berater bei weltpolitischen Ereignissen? Oder können sie ihre grundlegende Forschung weiter ausbauen?

Es geht um neue Strukturen und Schwerpunkte. Das äußere Zeichen: Seit Ende Januar 2006 hat das Institut einen anderen Namen: GIGA. Die Abkürzung steht für German Institute of Global and Area Studies (Deutsches Institut für Globale und Regionale Studien).

Seit 1964 erforschen die Mitarbeiter das Geschehen in Übersee: im Orient und in Asien, in Afrika und Lateinamerika. Die vier Institute für diese Regionen firmierten früher als Deutsches Übersee-Institut. Vor zwei Jahren erbrachte eine wissenschaftliche Überprüfung ("Evaluation") durch die Leibniz-Gemeinschaft ein eher schlechtes Zeugnis. Die Hamburger gehören zu den 84 Leibniz-Instituten, die aus Steuergeldern vom Bund und von Hamburg finanziert werden. Unter Auflagen wurde die Förderung weiter erteilt. Doch mußte Prof. Dr. Robert Kappel, seit Herbst 2004 der neue Leiter, das Institut neu aufstellen.

Die Institute wurden gebündelt, drei Forschungsschwerpunkte geschaffen (Legitimität und Effizienz politischer Systeme; Gewaltdynamiken und Sicherheitskooperation; Transformation in der Globalisierung) und die vielfältigen eigenen Publikationen zusammengestrichen. "Ein Schritt in die falsche Richtung", kritisiert Prof. Udo Steinbach, Chef des Orient-Instituts und ein gefragter Experte in Medien und Öffentlichkeit - ob zu Themen wie Karikaturenstreit, Nahost-Konflikt oder Folgen aus den Anschlägen vom 11. September. Bei der Evaluation seien er und seine Mitarbeiter "wegen der Politikberatung kritisiert worden", sagt er. Dabei habe er 38 Prozent seines Haushalts aus Drittmitteln bestritten, also aus Forschungsaufträgen beispielsweise von Stiftungen. Jetzt sei das Jahrbuch des Orient-Instituts gestrichen, "weltweit die einzige zeitnahe Zusammenfassung der Ereignisse dieser Region", so Steinbach. Die Mittel wurden ihm gekürzt, zwei der vier Mitarbeiter müssen sich mit den neuen Forschungsschwerpunkten befassen. Resignieren will Steinbach jedoch nicht. Er sitzt auch im GIGA-Vorstand und ist beim neuen Kurs "mit von der Partie". Eine Alternative gebe es nicht, "sonst würden wir geschlossen".