Radarmessungen: Satelliten liefern Daten zu Windverhältnissen im Wirbelsturm

Die Zerstörungskraft von Hurrikans haben "Katrina" und "Rita" überdeutlich vorgeführt. Einige Schäden ließen sich verringern, wenn die Stärke, die Zugbahn und die Geschwindigkeit dieser Wirbelsturm-Monster besser als bisher zu prognostizieren wären. Wissenschaftler des GKSS-Forschungszentrums in Geesthacht haben ein Verfahren zur Auswertung von Satelliten-Radarbildern entwickelt, das einen präziseren Einblick ins Innere der Hurrikans erlaubt und damit die Datenbasis für die Vorhersagemodelle verbessert.

"Wir nutzen Radarbilder von einem europäischen oder einem kanadischen Satelliten", erklärt Dr. Jochen Horstmann vom GKSS-Institut für Küstenforschung. "Die Radargeräte arbeiten in einem vergleichsweise langen Wellenbereich. Dadurch sind sie unempfindlicher gegen Regen. Zudem haben sie eine recht gute Auflösung von 50 bis 100 Metern."

Die Daten aus dem Orbit stellen in einem Schwarz-Weißbild die Rauhigkeit der Meeresoberfläche dar. Das Wellenbild läßt Rückschlüsse auf Windrichtung und -stärke zu. Je rauher die Meeresoberfläche ist, desto heller wird das Bild. Anhand des Kontrasts, des Neigungswinkels vom Radargerät zur Erde und der Windrichtung berechnen die GKSS-Wissenschaftler das Windfeld des Hurrikans: Gelb-rote Färbungen zeigen besonders hohe Windgeschwindigkeiten, die Pfeile die Windrichtung an.

Die Windfelder sind ein Instrument im Konzert der Bemühungen, dem Hurrikan den Puls zu fühlen. Erste Hinweise auf Hurrikangefahren liefern oft Meßbojen, die auf dem Meer schwimmen. Sie erfassen zum Beispiel Winddaten sowie Luft- und Wassertemperaturen. Doch bei hohem Seegang werden sie durch Gischt und die Eigenbewegung ungenau.

Kündigt sich ein Hurrikan an, der das Potential hat, die US-Küste zu erreichen, so starten Flugzeuge, die das Auge des Hurrikans durchfliegen. "Diese Flüge liefern sehr exakte Daten, aber sie sind aufwendig, risikoreich und teuer", sagt Horstmann. "Die Flugzeuge fliegen nur von der Ostküste aus, da im Westen das Notlanden schwierig ist."

Ein drittes Instrument sind Satellitenbilder, die aus den TV-Wettervorhersagen bekannt sind. Doch diese Wolkenfotos zeigen nur die Oberfläche des Wirbelsturms, die Optik kann nicht durch Wolken hindurch sehen und hat eine recht grobe Auflösung. Zudem ist sie nachts blind. Allerdings hat sie gegenüber den Radarmessungen den Vorteil, daß ihre Satelliten stationär sind, also über dem Hurrikan verharren und seine Entwicklung verfolgen können.

Dagegen umkreisen Satelliten, die die Radargeräte an Bord haben - wie der europäische Envisat - die Erde. Ein Rundflug dauert zwei bis drei Stunden und erfaßt eine Schneise von mehreren hundert Kilometern. Während dieser Zeit kann nur zehn bis 20 Minuten gemessen werden. Zusätzliches Messen scheitert am Strommangel und an der Fülle der erhobenen Daten, die vom Satelliten zur Erde gefunkt und dort verarbeitet werden müssen. Horstmann: "Von ,Katrina' haben wir drei Bilder, von ,Rita' nur eines."

Ein zweites großes Problem für Hurrikan-Prognosen sei die begrenzte Rechnerkapazität. Denn es gilt, aus brandaktuellen Daten schnell eine Vorhersage zu machen, auf deren Basis Notmaßnahmen wie Evakuierungen eingeleitet werden. Allerdings, so Horstmann, hapere es derzeit eher an den Messungen als an den Computerleistungen. Die Geesthachter leisten ihren Beitrag dazu, die Datenlage zu verbessern.