Glühwein enthält auch nach stundenlangem Kochen noch Alkohol, bestrahlte Lebensmittel strahlen nicht - Wahrheiten rund um Topf und Pfanne.

Schlimm, was beim Kochen alles schiefgehen kann. Zum Beispiel ein Pudding, wenn man ihn nicht stets in der selben Richtung anrührt. Das gilt auch für Cocktails oder Mayonnaise. So steht es an etlichen Fundstellen in Kochbüchern und im Internet. Als "Quatsch", bezeichnet der Lebensmittelexperte und Hobby-Koch Ludger Fischer diese weit verbreitete Rührempfehlung in seinem "Kleinen Lexikon der Küchenirrtümer", das im Februar erscheinen wird.

Beim Schreiben hat sich der in Brüssel tätige Politikberater und Fachmann für Lebensmittelsicherheit vom Schweizer Küchenchef und Kochtrainer Sandro Bedin unterstützen lassen. Gemeinsam entlarven sie so manche traditionellen Ratschläge rund ums Kochen als altbacken und unhaltbar. "Alkohol verdampft beim Kochen" - das ist so eine schräge Küchenweisheit. Doch "zum Glück" geschehe das nicht, schreibt Fischer, "jedenfalls nicht so schnell", wie man es erwarten würde. Freunde des winterlichen Glühweins müssten das eigentlich wissen, denn dieses mitunter beseelende Getränk wird oft stundenlang heiß gehalten, ohne selbst am Ende alkoholfrei zu sein.

Die Erklärung: Nur reiner Alkohol siedet bei 78 Grad Celsius. Doch wer Wein darüber hinaus erhitzt, erhitzt zu etwa 88 Prozent Wasser, und das erhöht den Siedepunkt des Gemischs deutlich. Zwar sinkt der Alkoholgehalt beim stärkeren Erhitzen einer mit Wein, Schnaps oder Bier versetzten Suppe mit der Zeit tatsächlich. "Wer für alkoholkranke Menschen oder Kinder kocht, sollte mit Alkoholgaben aber vorsichtig sein", warnt der Autor.

Seit Erdbeeren, Zwiebeln und etliche andere Lebensmittel häufig mit radioaktiver Bestrahlung statt mit Anti-Pilz-Mitteln keimfrei gemacht werden, befürchten Menschen, die dafür eingesetzten Strahlen könnten sich in ihnen anreichern und sie krankmachen. "Die Bestrahlung erzeugt im Lebensmittel Molekülbruchstücke, sogenannte Radikale und Ionen, die bei lebenden Organismen zur Schädigung der Zellen und damit zu deren Absterben führt", erklärt Fischer die Wirkweise der Kaltsterilisation, wie die Methode genannt wird. Genau das sei gewollt, damit gefährliche Keime beim Verzehr von Lebensmitteln keinen Schaden anrichten können. Wäre ein Mensch dieser Strahlung ausgesetzt, täte er sich keinen Gefallen - "er nähme aber auch Schaden, wenn er sich in einen Ofen setzen würde oder sich mit kochendem Wasser übergösse", so Fischer.

Die Haltbarkeit der extrem leicht verderblichen Erdbeeren erhöhe sich durch die Strahlendosis auf bis zu zehn Tage. "In den Erdbeeren selbst reichert sich diese Strahlung nicht an", urteilt der Lebensmittel-Experte. "Dazu müssten sie mit einer eins- bis zehn-millionenfach stärkeren Dosis behandelt werden."

Gesundheitsbewusste Köche und vor allem die Edel-Gastronomie haben mit Bratkartoffeln noch nicht einmal ein Bratkartoffelverhältnis - also eine eher lockere Beziehung, die vor allem durch den Magen geht. Zu schlecht ist der Ruf des Gerichts Marke Hausmannskost, es mache schon deshalb dick, weil es sich mit Fett vollsauge. Fischer: "Bratkartoffeln nehmen überhaupt kein Fett auf. Nicht ein einziges Tröpfchen."

Dies sei auch "gar nicht möglich, weil die durch Wärmeleitung ins Innere der Kartoffelstückchen gelangende Hitze keine Teilchen mit sich reißt, auch keine Fettmoleküle". Vielmehr verhindere der in den Scheiben oder Würfeln herrschende und nach außen gerichtete Dampfdruck "jegliche Wanderung von Fett ins Innere der Bratkartoffeln". Dummerweise habe die besonders wohlschmeckende Kruste der Bratkartoffeln eine große Oberfläche und könne deshalb viel Bratfett an sich binden. Und: "Bratkartoffeln machen dick, weil sie unglaublich gut schmecken und man zwangsläufig zu viel davon isst."

Ein in Küchen und Kombüsen verbreitetes Vorurteil ist "Meersalz ist gesund und schmeckt besser" - oft verbunden mit der Ansicht, das so genannte Fleur de Sel (übersetzt: Salzblume) sei gesünder als billiges Kochsalz. Während Letzteres fast nur aus Natriumchlorid besteht, enthält das viel teurere Meersalz etwas mehr an anderen Mineralien, zum Beispiel Chloride oder Sulfate von Kalzium, Magnesium oder Kalium.

Zusammen machen diese Spurenstoffe höchstens drei oder vier Prozent aus. Schon deshalb und wegen der wenigen Gramm täglich verwendeten Salzes in einer normalen Küche spielt die Herkunft ernährungsphysiologisch keine Rolle. Und wenn es sich noch dazu um vergleichsweise billiges Meersalz handelt, wurde dieses ohnehin gewaschen, dadurch seiner bitteren Zusatz-Mineralien beraubt und dann per Trocknung in Kristalle rückverwandelt.

Hingegen wird das teurere bretonische "Fleur de Sel" in Salzgärten am Meer von der Oberfläche der Verdunstungsbecken abgeschöpft. Vor allem Gourmet-Köche und Naturliebhaber schwören auf dessen angeblich unverwechselbaren Geschmack - eine nicht beweisbare Geschmackssache. Denn auch übliches Steinsalz, aus dem das billige Kochsalz gewonnen wird, ist nichts anderes als Meersalz, das sich vor Millionen von Jahren beim Verdunsten von Meerwasser gebildet hat.


Zum Weiterlesen (ab 9.2. im Handel): Ludger Fischer: "Kleines Lexikon der Küchenirrtümer", Eichborn Verlag, 240 Seiten, 14,95 Euro.