Computerspiele: In Leipzig beginnt morgen die “Games Convention“. Rollenspiele im Internet erleben einen Boom. Spieler bilden sich zu Teams und kämpfen weltweit gegeneinander.

Das Wort kann kaum jemand flüssig aussprechen, die Abkürzung noch weniger: Massive Multiplayer Role Playing Games, kurz MMORPG (zu deutsch: Rollenspiele für sehr viele Teilnehmer). Der Popularität tut der umständliche Name offenbar keinen Abbruch: MMORPG sind der Trend in der Welt der Computerspiele.

Gespielt wird online, jeder Spieler zieht mit seinem eigenen Charakter in die Schlacht gegen virtuelle Monster oder andere Spieler. Er schließt sich Gruppen an und versucht sein virtuelles Alter Ego durch neue Ausrüstung und Kampferfahrung zu verbessern.

Für Außenstehende ist es schwer zu begreifen, was die Cyber-Krieger für viele Stunden vor den Bildschirm lockt - denn, so erklären Fans, 15 Stunden pro Woche muß man investieren, wenn man in den digitalen Paralleluniversen zu Ruhm und Ehre kommen will. Und mancher wurde schon aus seiner "Gilde" oder "Clan" genannten Spielgemeinschaft geworfen, weil er sich in der virtuellen Welt allzu rar gemacht hatte. Das Klischee vom vereinsamten PC-Spieler wird auf den Kopf gestellt: In der Online-Welt trifft man sich mit anderen Spielern aus aller Welt zum Plausch oder handelt mit erbeuteten Gegenständen - Völkerverständigung im 21. Jahrhundert.

Die Nummer eins unter den MMORPG ist "World of Warcraft", kurz WoW. Für viele, die bislang lieber allein spielten, ist WoW der Einstieg ins Multiplayer-Universum. Vor allem Männer gehen nach Feierabend gern auf Monsterjagd oder treten in Teams gegen andere Spielergemeinschaften an.

42 deutschsprachige Spielbereiche, sogenannte Realms, gibt es, weltweit sind es 272. Über 500 000 Spieler sind regelmäßig gleichzeitig in dem quietschbunten Fantasy-Reich unterwegs. Wie viele Server dafür notwendig sind, will der Betreiber Blizzard Entertainment nicht verraten.

"Eigentlich dachte ich, mir ist nichts aus der Computer-Spiele-Welt der Männer fremd", schreibt Abendblatt-Leserin Ulrike Brusch. "Aber dann kam World of Warcraft. Dieses Spiel ist für meine Männer so faszinierend: Es wird nicht mehr gegessen, nicht mehr geschlafen und das Haus nicht mehr verlassen." Doch längst sind auch Frauen vom WoW-Fieber infiziert. Barbara und Florian, ein junges Hamburger Ehepaar Anfang 30, opfert dem Kampf zwischen Menschen, Trollen und Dunkelelfen seit Monaten Wochenende für Wochenende. "Unter der Woche spielen wir überhaupt nicht, sonst würde irgendwann die Arbeit darunter leiden", sagt Florian. Für seine Frau Barbara ist das gemeinsame Spielerlebnis das Reizvolle an WoW: "Zusammen losziehen und mit anderen Abenteuer erleben - das ist wie ein Wochenendausflug." Die beiden kämpfen als Trolle auf der Seite der "Horde" gegen die Krieger der "Allianz". Leider habe die Gegenseite einen wesentlich stärken Zulauf, so daß die "dunkle Seite" der WoW-Welt einen schweren Stand hat.

Traditionalisten schwören auf den MMORPG-Klassiker "Dark Age of Camelot" (DAoC). Seit das Epos um skandinavische Mythen und keltische Legenden vor drei Jahren online gegangen ist, wurde es immer wieder erweitert und ist zu einer weitverzweigten, riesigen Fantasy-Welt angewachsen. Vor kurzem kam mit der Erweiterung "Catacombs" eine unterirdische Ebene hinzu, in der es ein "Labyrinth der Königin" und eine "Kobold-Höhlenstadt" gibt, längere Strecken legt man in einer Lore zurück.

Die DAoC-Welt gilt unter MMORPG-Fans als besonders kommunikativ, die Unterhaltung mit Gleichgesinnten ist manchmal wichtiger als das Kämpfen. Sogar Hochzeiten wurden online gefeiert.

Wer es ausprobiert hat, kann sich der Faszination der Online-Universen nur schwer entziehen. Viele Online-Krieger sind sogar parallel in mehreren virtuellen Welten unterwegs. Das kann ein teurer Spaß werden, vom Zeitaufwand einmal ganz abgesehen. Neben Preisen von um 45 Euro für das Basis-Spiel und regelmäßige Erweiterungen kostet die Mitgliedschaft in der Cybergemeinde bis zu 15 Euro im Monat, die regulären Internetkosten kommen dazu.

Ein anderes Konzept verfolgt der koreanische Spiele-Marktführer NCsoft mit seinem neuen MMORPG "GuildWars". Mit kostenlosen Mitgliedschaften sollen die Rollenspielfans auf die Spiel-Server gelockt werden. Bei den Gilde-Kriegern kommt deutlich schneller zum Erfolg.

"Sir Gizzzzmo" ruht sich gerade an einem Lagerfeuer aus. Der Waldläufer hat sich bereits zu Stufe 9 vorgearbeitet. Mit seinem ersten virtuellen Charakter hat er es sogar bis zu Stufe 18 gebracht und dafür 14 Tage, sieben Stunden, 30 Sekunden gebraucht.

"GuildWars hat eine bessere Grafik als WoW und kostet keine Monatsgebühren", sagt Sir Gizzzzmo. Letzteres ist für ihn wichtig, da er erst 14 Jahre alt ist. Nach Schulschluß zieht er mit der Gilde los, um sich mit anderen Teams zu messen. Nur in den Ferien hat er was Besseres vor: Als er kürzlich in Urlaub gefahren ist, hat er sich in der Online-Welt von einem Freund vertreten lassen.