In welchen Fällen ein neuer Test die Erkrankung anzeigt, ist unter Fachleuten umstritten. Das Abendblatt sprach mit zwei Hamburger Herzmedizinern.

Hamburg. Wann kann die Diagnose "Herzinfarkt" eindeutig gestellt werden? Diese Frage wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, die kürzlich in Mannheim stattfand, heiß diskutiert. Grund für die Kontroverse, in der Deutschlands Kardiologen keine Einigung erzielen konnten, ist der neue Troponin-Test, mit dem ein Herzinfarkt schon nach drei Stunden sicher nachweisbar ist. Er ist vor allem von Bedeutung, wenn andere eindeutige Befunde fehlen, wie etwa typische Veränderungen im EKG oder im Blut des Patienten. "Entscheidend für die Diagnose ist aber nicht der Nachweis allein, weil Troponin auch bei Gesunden vorkommt, sondern wie sich der Wert innerhalb der ersten drei Stunden verändert", erklärt Prof. Stefan Blankenberg, Direktor der Klinik für allgemeine und interventionelle Kardiologie im Universitären Herzzentrum (UHZ) am Uniklinikum Eppendorf (UKE).

Und an diesem Punkt scheiden sich die Geister. "In unserer Klinik gehen wir von einem Infarkt aus, wenn das Troponin in drei Stunden um 100 Prozent ansteigt. An der Universität Heidelberg zum Beispiel wird die Diagnose gestellt, wenn der Wert um 30 Prozent zunimmt", erklärt der Kardiologe. In den USA sei der Test deswegen noch nicht zugelassen, weil bisher keine einheitliche Interpretation der Werte gefunden werden konnte.

Etabliert haben sich mittlerweile Methoden, bei denen Veränderungen der Herzklappen mithilfe von Katheterverfahren behandelt werden. "Wir konnten nachweisen, dass die Mitraclip-Therapie, bei der die undichte Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Kammer repariert werden muss, eine gute und sichere Therapie ist, vor allen bei den Patienten, bei denen die Undichtigkeit durch eine Vergrößerung des Herzens aufgrund einer Herzschwäche entstanden ist", sagt Prof. Blankenberg.

Die schonende Methode hilft insbesondere Patienten, die aufgrund anderer schwerer Krankheiten oder ihres hohen Alters nicht operiert werden können. Bei diesen Patienten kann auch eine defekte Aortenklappe zwischen linker Herzkammer und Hauptschlagader durch schonende Katheterverfahren ersetzt werden. Wichtig ist, so Blankenberg, dass die Therapieentscheidungen immer in einem Team von Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam getroffen werden. Das wurde auf dem Kongress immer wieder betont.

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Ein großes Thema war auch die Weiterentwicklung von Methoden zur Behandlung des Vorhofflimmerns, einer Rhythmusstörung, bei der die Herzvorhöfe viel zu schnell und unregelmäßig schlagen. Eine Therapiemethode ist die Katheterablation, bei der die Gewebebereiche, die das Herz aus dem Takt bringen, am Mündungsbereich der Lungenvenen in die Vorhöfe mit Strom verödet werden. "Bei der Katheterablation des anfallsartigen Vorhofflimmerns sind in 30 bis 40 Prozent der Fälle erneute Ablationen nötig, weil die Störherde an den Lungenvenen wieder aktiv werden", sagt Prof. Stephan Willems, Direktor der Klinik für Kardiologie mit Schwerpunkt Elektrophysiologie im UHZ.

Jetzt haben er und seine Kollegen zusammen mit US-Wissenschaftlern eine neue Methode erprobt, um diese Erfolgsraten zu verbessern. "Wir haben nicht nur die Störherde an den Lungenvenen verödet, sondern auch mit der Elektrode eine kreisförmige Linie um diesen Bereich herumgezogen. Das Gewebe auf dieser Linie haben wir durch wiederholte Stromimpulse so stark verödet, dass es nicht mehr elektrisch erregbar ist und einen Ring aus Narbengewebe um die Störherde bildet. Damit haben wir eine Erfolgsquote von etwa 80 Prozent nach einem Jahr erreicht", erklärt Willems.

Bei dauerhaftem Vorhofflimmern sind die Erfolgsraten der Ablation deutlich schlechter als bei der anfallsartigen Form. "Wenn man die gleichen Erfolgsraten erreichen will, muss man damit rechnen, dass sich die Patienten deutlich häufiger einer Ablation unterziehen müssen", sagt der Kardiologe.

Eingesetzt wird die Ablation auch, um Rhythmusstörungen in den Herzkammern zu behandeln. "Sie hat dort mittlerweile Langzeiterfolgsraten von 80 Prozent und wird als Ergänzung zu implantierten Defibrillatoren eingesetzt, um die Rate der Elektroschocks zu reduzieren", erklärt Willems. Solche Elektroschocks werden von den Defibrillatoren selbstständig ausgelöst. Sie sollen das Herz wieder in den richtigen Takt bringen, wenn die Frequenz in der Herzkammer so stark ansteigt, dass es für den Patienten lebensbedrohlich wird.

Jetzt gibt es auch eine neue Generation von Defibrillatoren, die unter die Haut implantiert werden und keine Sonde mehr benötigen, die in die Herzkammer gelegt wird und dort die Herzfrequenz misst und gegebenenfalls einen Elektroschock abgibt oder einen zu schnellen Herzrhythmus wieder normalisiert. "Das ist ihr prinzipieller Vorteil. Denn das große Problem der Sonden, die in sieben bis acht Jahren bis zu 30 Prozent Störungen und Infektionen aufweisen, fällt weg", sagt Willems.

Die neuen Geräte beenden die Rhythmusstörungen durch einen Elektroschock, dessen elektrisches Feld zwischen dem Gerät am linken Rippenbogen und einer Elektrode, die parallel zum Brustbein liegt, aufgebaut wird. "Bislang haben wir festgestellt, dass diese neuen Geräte sicher einzusetzen sind. Aber wir können noch nicht genau beurteilen, ob sie im klinischen Alltag genauso effektiv arbeiten wie die herkömmlichen Geräte, bei denen das Herz über die Sonde wieder in den richtigen Rhythmus gebracht wird", sagt Willems. Deswegen sei bei der Verwendung dieser neuen Defibrillatoren noch Vorsicht angebracht.

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