Die Signale zeigten sich im gleichen Energiebereich, in dem Physiker vom Cern das „Gottesteilchen“ vermuten

Chicago. Im Wettlauf um den Nachweis des Higgs-Bosons scheint das Ende in Sicht. Nachdem Physiker des Kernforschungszentrums Cern in Genf im Dezember bekannt gaben, sie hätten neue Hinweise auf das „Gottesteilchen“ entdeckt, legen nun US-Forscher nach: Wie die „New York Times“ und der Wissenschaftsdienst „ScienceNow“ berichten, haben zwei Teams des Labors Fermilab bei Chicago in ihren Daten Signale ausgemacht, die auf das Partikel deuten, das vermutlich allen Dingen ihre Masse verleiht. Die jüngsten Hinweise sind zwar zu schwach, um von einer Entdeckung sprechen zu können, aber sie passen zu den Ergebnissen des Cern.

Die Fermilab-Forscher suchten das Higgs mit dem Teilchenbeschleuniger Tevatron, der weltweit zweitstärksten Anlage dieser Art – nach dem LHC in Genf. In den zwei Beschleunigungsringen der Anlage ließen sie Protonen und Antiprotonen miteinander kollidieren, wobei eine Vielzahl unterschiedlicher Teilchen entstand. Diese erfassten sie mit zwei voneinander unabhängigen Detektoren. Im September 2011 mussten sie den Betrieb des Tevatron allerdings einstellen. Seitdem haben die Fermilab- Forscher alle noch nicht analysierten Daten untersucht. Jetzt liegt ihr Abschlussbericht vor. Demnach zeigte sich in den Messungen eine auffällige Häufung von Ereignissen im Energiebereich zwischen 115 und 130 Gigaelektronenvolt (GeV) – dem gleichen Bereich, in dem auch die Cern-Forscher das Higgs vermuten. Deren Detektoren CMS und ATLAS hatten Ereignisse bei 124 GeV und 126 GeV registriert; eingrenzen lasse sich die wahrscheinliche Masse des Higgs bisher aber nur auf den Bereich von 115 bis 130 GeV, sagten die Cern-Forscher im Dezember. Physiker geben die Masse von Elementarteilchen häufig als Energieäquivalent an; die übliche Einheit dafür ist das Elektronenvolt.

Noch in diesem Jahr soll sich zeigen, ob das Partikel tatsächlich existiert

Das statistische Maß für die Abweichung von einer Norm bezeichnen Physiker als Standardabweichung, die sie in Sigma angeben. In den Daten der Fermilab-Forscher zeigte sich den Berichten zufolge eine Abweichung von 2,2 Sigma. Das ist bedeutend, doch erst bei 5 Sigma liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich nicht um einen Zufall, sondern um eine Entdeckung handelt, bei 99,999 Prozent. Das Cern hatte 2,5 und 3,5 Sigma erreicht.

Wer wird den Ruhm ernten, falls das Higgs eindeutig bei 125 GeV lokalisiert wird, womit inzwischen sowohl etliche Forscher am Cern als auch am Fermilab rechnen? „Ich denke, man wird uns im gleichen Atemzug mit dem Cern nennen müssen“, sagte Rob Roser, Sprecher des CDF-Experiments am Fermilab.

Der Teilchenbeschleuniger LHC in Genf schlummert seit Dezember im Winterschlaf, er wird routinemäßig gewartet. Demnächst soll er mit größerer Leistung wieder angeworfen werden. Noch in diesem Jahr, so hoffen sie am Cern, könnten sie das Higgs endlich finden – wenn es existiert.

Mehr über die Suche nach dem Higgs-Boson: www.abendblatt.de/higgs