Neue Medikamente sorgen auch dafür, dass sich weniger Menschen anstecken.

Hamburg. 28 Jahre ist es her, dass der erste Aids-Patient in Hamburg am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin behandelt wurde. Seitdem sind 2200 Menschen in der Hansestadt an der Immunschwächekrankheit gestorben. Heute leben in Hamburg 5600 Menschen mit einer HIV-Infektion. In diesem Jahr haben sich etwa 200 Menschen in Hamburg mit dem Virus angesteckt. (170 Männer und 30 Frauen).

Doch die Zahl der Menschen, die sich neu mit dem Virus infizieren, nimmt ganz langsam ab. Für 2011 schätzt das Berliner Robert-Koch-Institut die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland auf 2700. Der höchste Wert für HIV-Neuinfektionen lag 2006 bei rund 3400 Infektionen und geht seitdem zurück. Hauptrisikogruppe sind sowohl bundesweit als auch in Hamburg homosexuelle Männer.

"Ein wesentlicher Grund dafür, dass die Neuinfektionen in Deutschland gesunken sind, ist der zunehmende Anteil der HIV-Infizierten mit medikamentöser Behandlung. Dadurch haben sie weniger Viren im Körper und sind weniger infektiös", sagt Prof. Andreas Plettenberg, Leiter des ifi-Instituts für interdisziplinäre Medizin auf dem Gelände der Asklepios-Klinik St. Georg. Denn die Therapiemöglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Mittlerweile stehen rund 30 Medikamente aus fünf Wirkstoffgruppen zur Verfügung.

An der Frage, ob eine frühzeitige medikamentöse Therapie der Infizierten die weltweite Epidemie entscheidend eindämmen kann, wird zurzeit intensiv geforscht. "Bisher gab es noch keine klaren Beweise, ob die früher beginnende HIV-Therapie auch die HIV-Übertragung bei heterosexuellen Kontakten hemmt. Vor Kurzem wurde über eine große vor allem in Afrika und Asien durchgeführte Studie mit 1763 heterosexuellen Paaren mit jeweils einem HIV-positiven und einem HIV-negativen Partner berichtet. Die frühe Behandlung der HIV-positiven Partner reduzierte die HIV-Übertragungsrate um 96 Prozent", berichtet Plettenberg.

"Zudem wurden kürzlich Studien veröffentlicht, bei denen HIV-negative Personen mit hohem Risiko für eine HIV-Infektion mit Medikamenten behandelt wurden und dadurch das HIV-Übertragungsrisko um 44 bis 73 Prozent reduziert wurde", sagt Plettenberg. Hierbei ist aber zu bedenken, dass gesunde Menschen behandelt werden, obwohl weltweit viele HIV-Infizierte keinen Zugang zu Medikamenten haben.

Bei den Medikamenten gibt es weitere Fortschritte. "So wird in Kürze ein zweites Medikament mit drei Wirkstoffen zugelassen, von dem der Betroffene nur eine Tablette am Tag einnehmen muss. Es werden in Studien weitere Medikamente untersucht, die voraussichtlich besser verträglich als die bisherigen Wirkstoffe sind oder auch dann wirksam sind, wenn die vorhandenen Medikamente nicht mehr helfen, weil die Viren dagegen resistent geworden sind", sagt der HIV-Spezialist. Bei der Wahl der Arzneimittel steht immer mehr im Vordergrund, dass diese wenige Langzeitnebenwirkungen haben sollen. Besondere Bedeutung haben Nebenwirkungen am Herzen, an der Niere und an den Knochen. Eine weitere Nebenwirkung, die Fettumverteilungsstörung, ist eine starke Belastung . "Die Patienten haben eingefallene Wangen, dünne Arme und Beine, aber Fettansammlungen etwa im Nacken", sagt Plettenberg.

Aber trotz aller Fortschritte in der Behandlung: Eine Heilung der Krankheit ist nicht möglich, und auch ein Impfstoff, der vor der Infektion schützt, ist nicht in Sicht.