Lancaster. Forscher führten Föten im Mutterleib Muster vor und hielten die Reaktionen fest

Der Sehsinn von Babys ist bereits im Mutterleib erstaunlich gut entwickelt. Sie können verschiedene Formen unterscheiden und zeigen ähnlich wie Neugeborene eine Vorliebe für Gesichter. Das berichten britische Forscher im Fachblatt „Current Biology“. Sie hatten Schwangeren im letzten Drittel der Schwangerschaft mit Licht Muster auf die Bauchdecke gestrahlt, die stark vereinfacht an ein Gesicht erinnerten.

Ihre Arbeit belege, dass gegen Ende der Schwangerschaft die visuelle Wahrnehmung der Föten mit der von Neugeborenen vergleichbar ist. Außerdem zeige sie, dass es technisch möglich ist, einem Fötus visuelle Reize zu präsentieren. Werdenden Müttern raten sie allerdings von eigenmächtigen Versuchen ab – für die Studie seien die Lichtbedingungen sehr sorgfältig ausgewählt worden, damit sie nicht unangenehm für die ungeborenen Babys sind. Es sei auch nicht so, dass die Babys abseits der Versuchsbedingungen reale Gesichter außerhalb des Mutterleibs erkennen könnten. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine helle Lichtquelle das Profil eines Gesichts erhellt und das dann auf den mütterlichen Bauch strahlt, ist außerordentlich gering bis unmöglich“, erläutert Vincent Reid von der University of Lancaster.

Ausgangspunkt für die Untersuchung der Forscher war die Beobachtung, dass neugeborene Babys sich mehr für Gesichter als für Gegenstände interessieren. Sie fixieren diese länger oder verfolgen sie, wenn sie sich wegbewegen. Reid und sein Team zeigten nun, dass diese Vorliebe bereits im Mutterleib entsteht. Per Lichtprojektion präsentierten sie den Babys drei Punkte in Form eines Dreiecks, die so an Augen und Mund erinnerten. Alternativ drehten sie das Muster um. Dann beobachteten sie über Ultraschall, wie sich die Föten verhielten.

Es zeigte sich, dass die ungeborenen Babys die „Gesichter“ durch Drehung ihres Köpfchens verfolgten, wenn die Wissenschaftler das Lichtbild über die Bauchdecke bewegten. Projizierten die Forscher das Lichtbild verkehrt herum, taten sie das nicht. Die Ergebnisse belegten, dass Babys nicht erst nach der Geburt ein Gesicht sehen müssen, um eine Vorliebe dafür zu entwickeln. Dies sei angeboren oder entwickle sich durch vorgeburtliche visuelle Erfahrungen.