Hamburg. Flagge zeigen gegen „alternative Fakten“: Forscher und Unterstützer zogen beim „March for Science“ vom Rathausmarkt zur Universität

Die akademische Viertelstunde genehmigen sich Forscher offenbar auch bei Demonstrationen. Eigentlich sollte es am Sonnabend auf dem Rathausmarkt um 14 Uhr losgehen mit der ersten Kundgebung für den Hamburger „March for Science“, einem Marsch für die Wissenschaft. Zu dieser Zeit tummelten sich allerdings erst ein paar Hundert Teilnehmer vor der Bühne an der Kleinen Alster, um Flagge zu zeigen gegen Wissenschaftsfeindlichkeit und sogenannte alternative Fakten.

Doch ab 14.15 Uhr strömten immer mehr Menschen auf den Platz, der bald zu mehr als einem Drittel gefüllt war – die Polizei geht von rund 2000 Teilnehmern aus. Viele von ihnen hielten Plakate in die Höhe mit Botschaften wie „Wissen schafft Fakten“, „Wer nichts weiß, muss alles glauben“ und „Stand up for Science“. „Ich bin sehr zufrieden mit dieser Resonanz“, sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne), die mit einem Regenschirm vorne an der Bühne stand. Sie hatte alle Hamburger ermutigt, die Kundgebung zu unterstützen.

Neben ihr stand – ebenfalls wetterfest gekleidet – Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg und Sprecher der Landeshochschulkonferenz. Auch er zeigte sich erfreut über die Teilnehmerzahl: „Das zeigt, dass sich viele Menschen für die Wissenschaft engagieren und sich Sorgen machen.“

Die Idee für den „March for Science“ war in den USA entstanden, als Reaktion auf die Wissenschaftsfeindlichkeit des US-Präsidenten Donald Trump. Innerhalb weniger Wochen wurde daraus ein globales Bündnis, das allerdings mehr auf die Beine stellen wollte als Anti-Trump-Demos: Das Leugnen wissenschaftlicher Erkenntnisse sei ein weltweites Problem, hieß es. Und so sollten am 22. April an weltweit mehr als 600 Orten all jene Menschen auf die Straße gehen, „denen die deutliche Unterscheidung von gesichertem Wissen und persönlicher Meinung nicht gleichgültig ist“, wie es die deutschen Veranstalter formulierten. Zu den Forderungen gehörte auch, die Freiheit der Forschung und eine gute finanzielle Unterstützung zu garantieren. Hierzulande kamen von München bis Helgoland an mehr als 20 Orten 37.000 Teilnehmer zusammen.

Auf dem Rathausmark mussten die Teilnehmer zeitweise unter bunten Regenschirmen verschwinden, weil Graupelschauer niedergingen. Bibbernd, aber trotzdem gut gelaunt verfolgten die Menschen die Kundgebung.

„Auch in Deutschland genießen wissenschaftliche Erkenntnisse oft nicht den angemessenen Stellenwert“, rief Marina Brink, Sprecherin der HafenCity-Universität und Mitglied des Organisationsteams. Sie und ihre Mitstreiterinnen forderten Politiker dazu auf, „häufiger evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen“.

Als auf dem Rathausmarkt gegen 15 Uhr die Schauer nachließen und die Sonne hervorkam, setzten sich die Teilnehmer in Bewegung und zogen durch die Innenstadt, begleitet von einer Band der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Den Abschluss bildete ein Science Slam an der Uni Hamburg.