Berlin. Verunreinigungen als häufigste Ursache. Meldeportal wird inzwischen akzeptiert

Der jüngste Rückruf kam vor wenigen Tagen: Der Discounter Netto warnt vor dem Verzehr eines Blauschimmelkäses, in dem Kolibakterien nachgewiesen wurden. Fünf Tage zuvor: Die Drogeriemarktkette dm ruft Gläser mit Apfel- und Bananenbrei zurück, weil Allergieauslöser nicht ausgezeichnet waren.

Meldungen wie diese kommen inzwischen im Wochentakt. Im vergangenen Jahr wurden 148 Lebensmittel zurückgerufen – etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Das geht aus Zahlen des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hervor, die dieser Zeitung vorliegen. Demnach wurden 2015 insgesamt 100 Lebensmittel zurückgerufen, 2014 gab es 107 Warnungen, 2013 waren es 75 und 83 im Jahr 2012.

Seit Einführung des Meldeportals lebensmittelwarnung.de im Oktober 2011 wurden laut BVL die meisten Lebensmittel zurückgerufen, weil sie mikrobiologisch verunreinigt waren (38 Prozent). Zweithäufigste Rückrufursache waren Fremdkörper wie zum Beispiel Plastikteilchen (27 Prozent). Als weitere Gründe nennt die Statistik Kennzeichnungsmängel (9 Prozent), Grenzwertüberschreitungen (7 Prozent), unzulässige Inhaltsstoffe (5 Prozent) und anderes wie Fehlreifungen oder Verwechslungsgefahr (10 Prozent). Dass bestimmte Ursachen kontinuierlich zugenommen hätten, lässt sich nicht feststellen.

Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg erklärt sich die Rückrufzunahme mit der gestiegenen Bereitschaft der Unternehmen, fehlerhafte Produkte auch tatsächlich zu melden. „Die Rückrufe gab es früher mindestens in gleicher Höhe, aber die Produkte wurden still zurückgerufen, ohne dass es die Verbraucher merkten“, sagte Schwartau dieser Zeitung.

Zu Anfang sei die Industrie gegen das Meldeportal gewesen, inzwischen würden aber immer mehr Unternehmen erkennen, dass es ihrer Glaubwürdigkeit gut tue, wenn sie die Kunden ehrlich informierten, glaubt Verbraucherschützerin Schwartau.

Bei 170.000 Produkten, die sich laut Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde auf dem deutschen Markt befinden, belaufen sich die Rückrufe auf einen Anteil von 0,09 Prozent – in der Gesamtheit also sehr wenig.