Montpellier. Entdeckung könnte Entwicklung neuer Therapien beschleunigen, hoffen Forscher

Diese Studie könnte zu neuen HIV-Therapien führen: Erstmals haben französische Forscher entdeckt, wie man HIV-infizierte Zellen identifizieren kann, auch wenn sie inaktive Erreger beherbergen. Wie das Team um Benjamin Descours von der Universität Montpellier in der Zeitschrift „Nature“ berichtet, tragen diese Zellen auf ihrer Oberfläche ein Protein.

Inaktive Viren sind derzeit die größte Hürde für die HIV-Heilung. Denn Arzneien können bei Patienten zwar die Zahl der Aids-Erreger unter die Nachweisgrenze drücken. Doch Sie erreichen nur jene Viren, die sich vermehren. Inaktive Erreger bleiben unbehelligt und können sich nach Absetzen der Therapie vermehren. Auf der Suche nach einer Heilung konzentrieren sich Forscher daher darauf, diese Reservoire – Zellen mit solchen latenten Erregern – anzugreifen. Dies ist bisher schwierig, denn es ist nicht bekannt, wo die Reservoire liegen. Experten vermuten, dass neben Blut auch Darm, Lymphsystem und Knochenmark betroffen sind. Im Blut trägt etwa eine von einer Million infizierter Zellen inaktive Erreger.

Dem französischen Team ist es nun gelungen, solche Reservoire im Blut zu charakterisieren. Dazu infizierten sie im Labor bestimmte Immunzellen – CD4-Zellen, das Hauptziel des Erregers – mit HIV. Jene Zellen, in denen inaktive Erreger waren, analysierten sie und fanden 103 aktivierte Gene, 16 davon trugen den Bauplan für Proteine auf der Zelloberfläche – eines davon für das Eiweiß CD32a. Den Forschern zufolge tritt das Protein ausschließlich bei HIV-infizierten Zellen mit inaktiven Erregern auf. Zwar bildet nur etwa die Hälfte der mit latenten Erregern infizierten Immunzellen das Protein. Dennoch werten Experten die Entdeckung als großen Fortschritt. Douglas Richman vom Aids-Forschungszentrum der University of California in San Diego spricht in einem „Nature“-Kommentar von einer potenziell bahnbrechenden Studie. „Die Möglichkeiten, die Reservoire zu eliminieren, sind ein Brennpunkt der Forschung, doch die Bemühungen wurden bislang behindert durch die Schwierigkeit, latent infizierte Zellen zu analysieren.“ Oliver Keppler vom Max von Pettenkofer-Institut der Universität München unterstreicht die Bedeutung der Studie für die weitere Forschung. So könne man jetzt etwa untersuchen, wie man die Viren aus dem Ruhestadium weckt, um sie für die Therapie zugänglich zu machen.