Norrköping. Mithilfe eines flüssigen Kunststoffs kreieren Forscher „Cyborg-Pflanzen“

Aus einer Rose und einem bioverträglichen Kunststoff haben schwedische Forscher einen natürlichen elektrischen Energiespeicher hergestellt. Das Team um Magnus Berggren von der Linköping-Universität in Norrköping stellt seine Ergebnisse in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) vor.

Mit der ersten Veröffentlichung über eine Pflanze als elektrischem Leiter erregten Berggren und Kollegen im November 2015 weltweites Aufsehen. Nun haben sie ihr System entscheidend verbessert: Mit ETE-S entwickelten die Forscher einen noch leitfähigeren Kunststoff, der nicht nur im Xylem, dem röhrenförmigen Teil des Gefäßsystems, verbleibt, sondern sich auch in den Wänden der Pflanzenzellen und in deren Zwischenräumen (zusammen Apoplast genannt) ausbreitet. Etwa 24 Stunden stellten die Forscher eine Rose in eine wässrige Lösung von ETE-S. Die Pflanze nahm den Stoff mit dem Wasser auf, wo er sich zu Hydrogel verdickte, indem sich die ETE-S-Moleküle zu Polymeren zusammenschlossen. Ein Abwehrmechanismus der Pflanze könnte bei diesem Prozess helfen, vermuten die Wissenschaftler. Demnach unterstützten reaktive Sauerstoffspezies (ROS), auch Sauerstoffradikale genannt, die Polymerisation des Kunststoffs. Die Moleküle werden eigentlich gebildet, um ein Eindringen von Mikroorganismen bei Verletzungen der Pflanze zu verhindern.

Um aus der Rose einen Energiespeicher zu machen, nutzten die Forscher die Polymerstränge in den größeren Gefäßen als Elektroden und das ETE-S im Apoplast als Elektrolyt – vergleichbar dem Aufbau eines Akkus. „Wir waren in der Lage, die Rose Hhunderte Male zu laden, ohne Leistungsverlust der Vorrichtung“, wird Eleni Stavrinidou, Erstautorin der Studie, in einer Mitteilung der Linköping-Universität zitiert. Die Größenordnung der Energiespeicherung entspreche jener von Superkondensatoren. Bereits jetzt könne die präparierte Rose eine Ionenpumpe oder verschiedene Sensoren mit Energie versorgen. Dass auf diesem Weg der Mensch eines Tages die Photosynthese der Pflanzen direkt zur Energiegewinnung nutzen kann, halten nicht an der Studie beteiligte Forscher für eher unwahrscheinlich. Der Versuch sei zu weit von einer möglichen Anwendung entfernt.