Bethesda/München. Ein Fadenwurm ist mitverantwortlich für die rätselhafte Erkrankung in Afrika

Das mysteriöse Kopfnick-Syndrom ist einer Studie zufolge vermutlich eine Autoimmunerkrankung, die durch einen Parasiten mitverursacht wird. Der Befall mit dem Fadenwurm Onchocerca volvulus führt demnach zur Bildung von Antikörpern, die ein Protein von Nervenzellen zerstören und so die unheilbare Erkrankung auslösen, die tödlich enden kann.

Doch es bleiben Fragen, wie das Team um Avindra Nath von den National Institutes of Health in Bethesda (US-Staat Maryland) im Fachblatt „Science Translational Medicine“ betont.

Das Kopfnick-Syndrom ist eine Epilepsieform, die bei Kindern in Uganda, Tansania und Südsudan vorkommt. Betroffene sind meist zwischen fünf und 15 Jahre alt, der Name stammt von epileptischen Anfällen, bei denen etwa der Kopf absackt. Weitere Symptome sind Kleinwuchs und Intelligenz-Einbußen. Eine Erhebung kam 2012/2013 auf 2000 Fälle nur im Norden Ugandas.

Die Ursache des Syndroms war bislang rätselhaft, vermutet wurde eine Beteiligung des Fadenwurms O. volvulus. Übertragen wird der Parasit durch bestimmte Mücken. Dem Verdacht ging das Team nach, indem es Dorfbewohner im Südsudan und in Uganda untersuchte. Die meisten Patienten hatten extrem hohe Werte von Antikörpern, besonders gegen das Protein Leiomodin-1.

Im nächsten Schritt wies das Team das Eiweiß in Hirnzellen von Mäusen nach. Die bei den Patienten isolierten Antikörper gegen das Eiweiß griffen in Versuchen gesunde Nervenzellen an.

Zuletzt prüfte das Team die Verbindung zu O. volvulus: Tatsächlich hefteten sich die Antikörper gegen Leiomodin-1 an Proteine des Wurms. Offenbar ähnelt Leiomodin-1 Eiweißstoffen des Parasiten. Die Forscher glauben, dass eine Infektion mit dem Fadenwurm das Immunsystem für Proteine des Erregers sensibilisiert. Die Reaktion der Körperabwehr richtet sich aber auch gegen das Eiweiß Leiomodin-1 und zerstört so Nervenzellen im Hirn. Damit sei das Syndrom eine Autoimmunreaktion.

Doch es gibt ungeklärte Fragen: So hatten auch gesunde Teilnehmer Antikörper – umgekehrt fehlten sie bei manchen Patienten. Unklar bleibt auch, warum nur Kinder betroffen sind.

„Die Forscher haben zum ersten Mal gezeigt, dass kreuzreagierende Antikörper an der Krankheit beteiligt sind“, sagt Andrea Winkler von der TU München. Allerdings handele es sich wahrscheinlich um ein multifaktorielles Syndrom, an dem auch Unterernährung und ein ausgeprägter Wurmbefall beteiligt sein könnten.