Berlin. Sind Fahrbahnen glatt, hilft Streusalz. Doch die Körner haben Nebenwirkungen

Wer schippt schon gerne im Morgengrauen Schnee? Streusalz mag als bequeme und wirksame Alternative erscheinen. Dabei ist der private Gebrauch vielerorts verboten. Auch viele Kommunen bemühen sich um einen bewussten Einsatz. Natriumchlorid und andere Salze landen dennoch zuhauf auf Gehwegen, Treppen und vor allem auf Straßen. In harten Wintern sind es nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) mehr als vier Millionen Tonnen.

Streusalz besteht zum Großteil aus normalem Kochsalz, dem Natriumchlorid. Dieser chemische Stoff interagiert mit den Wassermolekülen und löst das Eis zum Teil auf. Bis zu etwa minus zehn Grad lassen sich glatte Straßen damit entschärfen, spezielle Salze sind auch noch bei tieferen Temperaturen wirksam. Doch es gibt Nebenwirkungen, die der Natur schaden.

Beispiel Berlin, mit rund 440.000 Straßenbäumen eine baumreiche Großstadt: Das Ausmaß an Streusalzschäden bezeichnet der Baumschutzexperte Christian Hönig vom Berliner BUND als „gravierend“. Eine vollständige Erhebung der Schäden gebe es aber nicht, auch weil sie oft nicht unmittelbar sichtbar seien und viele schädliche Aspekte wie sommerliche Trockenheit und Schädlingsbefall zusammenkämen.

Streusalz bewirkt mehrere Arten von Schäden, großteils unterirdisch, wie Hönig schildert. Es schädige die Wurzelzone. Wenn Autos durch Pfützen fahren, könne es durch die Gischt zu oberirdischen Verätzungen kommen. Zudem sammle sich Streusalz über Jahre im Boden an und mache ihn sauer. Insgesamt verschlechtere sich so die Nährstoffversorgung von Bäumen.

Wenn sich ein rostroter Rand an Blättern zeigt und ein Baum sein Laub verfrüht abwirft, könne es zu spät sein. „Wenn wir das sehen, ist ein Großteil der unterirdischen Schäden schon erfolgt und dann haben wir einen sehr schwierigen, nicht immer reversiblen Status“, sagt Hönig.

Dabei ist zum Beispiel in der Hauptstadt relativ stark reglementiert, wo die Berliner Stadtreinigung überhaupt Salz streuen darf. „Die machen das so verträglich wie man es machen kann, wenn man gesalzene Straßen haben möchte“, sagt Naturschützer Hönig. Seine Kritik richtet sich vor allem an Privatleute, die trotz lokaler Verbote Gehwege und damit oft neben Straßenbäumen salzen. Und gegen Baumärkte, die Tausalze anbieten.

Auch für Hundepfoten kann gesalzener Untergrund schädlich sein, weiß die Heidelberger Tierärztin Claudia Veit. Besteht das Taumittel hauptsächlich aus Kochsalz, kommt es zu einer mechanischen Reibung an den Pfoten. Zehzwischenräume würden wund. Leckt ein Hund die Pfoten ab, drohen Hautreizungen und Entzündungen. Die hohe Salzaufnahme macht zudem durstig. Die Urinmenge steigt und womöglich ist ein Tier dann nicht mehr stubenrein. Bei Salzmischungen seien stärkere Probleme und auch Vergiftungen nicht auszuschließen, so Veit.