Peking/Mainz. Forscher: Chemische Reaktion löst einen sich verstärkenden Mechanismus aus

Der Wintersmog in Nordchina bedroht regelmäßig die Gesundheit von mehr als 400 Millionen Menschen. Die Entstehung des Smogs mit viel Sulfat war bislang ein Rätsel, weil die dafür nötigen Sonnenstrahlen den Dunst kaum durchdringen können. Jetzt hat ein Team um Yafang Cheng vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz einen Mechanismus gefunden, der den hohen Sulfatanteil und die Zunahme des Feinstaubs in der winterlichen Dunstglocke erklärt, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Science Advances“.

Bei Messungen im Januar 2013 fanden Cheng und Kollegen in Peking Feinstaubwerte (PM2,5), die 16 Mal höher waren als der Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Besonders hoch war der Anteil an Sulfaten. „Wir haben festgestellt, dass die Sulfatproduktion mit der Konzentration an feinen Aerosolpartikeln stark ansteigt“, wird Cheng in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts zitiert. Das überraschte die Forscher, denn die üblichen Reaktionswege, die zu Sulfaten führen, benötigen Sonnenlicht. Das aber durchdringt den Smog kaum. Die Forscher fanden nun mehrere Besonderheiten des Wintersmogs in China. So hält der Dunst viel Stickstoffdioxid in Bodennähe. Zudem sorgen mineralischer Staub und Ammoniak aus der Landwirtschaft für einen pH-Wert in den Schwebeteilchen, der höher ist als bei Aerosolen in Europa. Dies ermögliche eine Reaktion von Stickstoffdioxid mit Schwefeldioxid zu Sulfaten.

Den Forschern zufolge findet diese chemische Reaktion in den winzigen Wassertröpfchen der Schwebeteilchen statt und führe zu einem sich selbst verstärkenden Mechanismus: Die Bildung von Sulfaten sorgt dafür, dass die Aerosole größer werden und mehr Wasser aufnehmen können, was wiederum die Entstehung weiterer Sulfate und die Smogbildung fördert. Eine strengere Kontrolle von Stickstoff- und Schwefeldioxid-Ausstoß müsste also den chinesischen Wintersmog eindämmen können.