Oxford. Kapuzineraffen können wie frühe Menschen scharfkantige Werkzeuge herstellen

Kapuzineraffen können aus einfachen Geröllsteinen scharfkantige Werkzeuge herstellen. Bislang ging man davon aus, dass nur Menschen und Menschenaffen über diese Fähigkeit verfügen. Rückenstreifen-Kapuziner, die im Serra da Capivara National Park in Brasilien leben, produzieren durch das Aufeinanderschlagen zweier Steine jedoch scharfe Objekte, die genauso aussehen wie die ersten menschlichen Werkzeuge. Das berichten Wissenschaftler der Universität von Oxford im Fachblatt „Nature“.

Obwohl die Tiere die Objekte nicht mit der Absicht herstellen, etwas zu schneiden und auch nicht dafür verwenden, könnte die Anfertigung von scharfkantigen Steinen nicht länger als einzigartige Fähigkeit von Menschen und Menschenaffen bezeichnet werden, so das Fazit der Forscher um Tomos Proffitt. Paläoanthropologen nutzen die charakteristischen Merkmale geschlagener Steine, wie etwa scharfe Kanten, um bei archäologischen Funden mit einer gewissen Absicht hergestellte Werkzeuge von solchen Steinen zu unterscheiden, die auf natürliche Weise zerbrochen sind. Die Ergebnisse der britischen Studie könnte diese Unterscheidung nun erschweren. So beobachtete das Team, dass Rückenstreifen-Kapuziner (Sapajus libidinosus) Steine regelmäßig zum Zersplittern bringen, indem sie sie mit Verve aufeinanderschlagen. Dabei kommen die scharfkantigen Objekte zustande, die von den Affen zwar genutzt werden, um erneut auf Steinen zu hämmern, nicht allerdings, um an anderen Objekten zu schneiden oder zu schaben. Stattdessen zeigen mit dem Fachartikel veröffentlichte Videos, wie die Kapuzineraffen oftmals an den Schlagkanten der Steine lecken. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Tiere auf diese Weise Flechten oder Quarzstaub zu sich nehmen.

Dass die Kapuzineraffen überhaupt Steine als Werkzeuge verwenden, ist bereits seit Längerem bekannt. So beschrieb das gleiche Forscherteam in einer früheren Studie, dass die Tiere schon seit mindestens 600 bis 700 Jahren einfache Steine nutzen, um Nüsse aufzuschlagen. Schimpansen sollen seit mindestens 4300 Jahren ein ähnliches Verhalten an den Tag legen. Überhaupt ist die Verwendung von Steinwerkzeugen im Tierreich weit verbreitet: Schmutzgeier schleudern Steine mit dem Schnabel auf Straußeneier, um sie zu öffnen, Meerotter nutzen sie, um Muscheln zu knacken. Und Bonobos wurde in Gefangenschaft beigebracht, scharfkantige Steinsplitter zu erzeugen, um Seile oder Bänder durchzuschneiden.