CRawley. Der Anstieg der Meeresspiegels könnte einige Korallenriffe retten, so eine Studie

Der Klimawandel schadet Korallenriffen, so die allgemeine Annahme. Zumindest an einigen Korallenriffen könnte der Meeresspiegelanstieg die Lebensbedingungen deutlich verbessern. Dies gelte für Riffe, die derzeit im Kreislauf von Ebbe und Flut starken Temperaturextremen ausgesetzt seien, schreiben australische Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Advances“. Bei etwa einem Drittel aller tropischen Korallenriffe weltweit werde die Wasserzirkulation maßgeblich von den Gezeiten bestimmt.

Die Forscher um Ryan Joseph Lowe von der University of Western Australia in Crawley hatten zunächst ein Riff vor Tallon Island im Buccaneer-Archipel im Nordwesten Australiens untersucht. Der Tidenhub dort, der Unterschied also zwischen dem höchsten und niedrigsten Pegelstand, kann mehr als acht Meter betragen. Die Wassertemperatur schwankt an solchen Riffen oft zwischen Extremen: Bei Ebbe heizt sich das wenige am Riff verbleibende Wasser in der Sonne auf, bei Flut strömt kaltes Wasser aus dem offenen Meer heran. Die Korallen in solchen Bereichen verfügten daher wahrscheinlich von vornherein über eine höhere Toleranz gegenüber den im Zuge des Klimawandels steigenden Wassertemperaturen, schreiben die Wissenschaftler. Hinzu komme der Effekt des Wasserspiegels: Steige dieser wie prognostiziert im 21. Jahrhundert um mehrere Dezimeter an, verändere das die Wasserzirkulation an den Riffen immens. Mit mehr Wasser auch bei Ebbe fielen die Temperaturmaxima deutlich weniger extrem aus.

Um genauere Rückschlüsse auf die mögliche künftige Entwicklung weltweit ziehen zu können, erstellten die Forscher ein Computermodell, bei dem sich aus Sonnen- und Gezeitenzyklus sowie der Riffstruktur auf die Temperaturschwankungen schließen lässt. Für sechs Riffe errechneten die Wissenschaftler, dass ein Anstieg des Meeresspiegels um 70 Zentimeter die Temperaturschwankungen im Tagesverlauf um 7 bis 65 Prozent reduzieren würde.

Bei einem Anstieg um 1,5 Meter wären es 18 bis 86 Prozent. Besonders ausgeprägt sei der Effekt jeweils dort, wo derzeit bei Ebbe kaum noch Wasser über dem Riff stehe. Zu bedenken geben die Forscher, dass auch Schwankungen anderer Parameter vermindert würden – etwa des pH-Werts und des Sauerstoffgehalts. Zumindest partiell könne der Effekt den negativen Folgen des Klimawandels auf Korallen entgegenwirken und ihn in einigen Fällen zumindest vorerst sogar aufheben.