Hohenheim.

Fast vergessene Weizenformen könnten ein Comeback erleben. Davon sind Forscher der Universität Hohenheim in Stuttgart überzeugt. Für Urweizenarten wie Emmer, Dinkel und Einkorn gebe es vor allem in Europa und den USA Nischenmärkte, schreiben die Pflanzenzuchtexperten Friedrich Longin und Tobias Würschum im Fachjournal „Trends in Plant Science“.

„Die Menschen sind interessiert an Vielfalt, daran, etwas mit mehr Geschmack zu bekommen, mit gesünderen Inhaltsstoffen – und alte Sorten liefern da interessante Dinge“, erklärt Longin. Chancen gebe es vor allem dort, wo neue Produkte und gesunde Inhaltsstoffe bedeutsamer seien als ein niedriger Preis.

Tausende Jahre lang waren Urweizenformen wie Emmer und Dinkel eine verbreitete Nahrungsgrundlage des Menschen – verschwanden dann aber Mitte des 20. Jahrhunderts mit der industrialisierten Landwirtschaft nahezu komplett. Dinkel zum Beispiel wurde schon von den Kelten angebaut, bis ins 19. Jahrhundert hinein konnte man in vielen Regionen Europas durch Dinkelfelder spazieren, in Deutschland vor allem in Baden-Württemberg. Noch länger reicht die Kultivierung des genügsamen Weizenverwandten Emmer zurück: In der Jungsteinzeit war er die wichtigste Getreideart in Mitteleuropa. Auch das Einkorn gehört zu den ältesten domestizierten Getreidearten. Es stammt vom wilden Weizen ab und lässt sich auch zum Bierbrauen verwenden.

Dinkel, Emmer und Einkorn sind Spelzgetreide, bei denen das Korn von einer festen Hülle, der Spelze, umschlossen ist. Sie muss vor der Verarbeitung abgetrennt werden. Der heute dominierende Weichweizen hingegen kann nach dem Dreschen sofort weiterverarbeitet werden. Weichweizen ist weniger anspruchsvoll, ertragreicher und spricht besser auf Mineraldünger an. Entsprechend war sein globaler Siegeszug.

Es empfehle sich, zumindest eine Auswahl der vielen Tausend Varianten in den Genbanken daraufhin zu testen, ob sie zu den modernen landwirtschaftlichen Anforderungen passen, schreiben die Experten. Zwar gebe es weit verbreitet Mehrkornprodukte mit Hafer, Gerste und Hirse, ihr Geschmack werde aber fast immer vom Weichweizen dominiert. Und damit von einer einzigen Variante der drei Arten, 20 Unterarten und Tausenden Sorten des Weizens.