Wollen sich Verbraucher bewusst ernähren, finden sie ein großes Angebot. Doch die Vielzahl der Symbole verwirrt. Eine Übersicht

Bewusster Konsum ist Arbeit. Wer es ernst meint, muss sich durch ein Dickicht an Siegeln und Versprechungen wühlen. Bio, Öko, kontrollierter Anbau, alternative Tierhaltung. Dazu die Eigenmarken der Supermarktketten – Biotrend (Lidl), Naturgut (Penny), BioBio (Netto) und so weiter.

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Siegeln unterscheiden: das staatliche und die von Verbänden vergebenen, die oft weit über den Mindeststandard hinausgehen. In Deutschland gibt es neun Bioanbauverbände. Die Grundlage ist allen Biosiegeln gemein: Die EG-Öko-Verordnung.

Mindeststandard

Jedes Produkt, das im Namen die Worte „Bio“ oder „Öko“ hat, muss mindestens nach den Biorichtlinien der EU hergestellt sein. „Das EU-Label ist für Verbraucher am wichtigsten, weil es am bekanntesten ist“, sagt Christian Rehmer, Leiter im Bereich Agrarpolitik des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der Verbraucher erkennt das Label an dem weißen Blatt auf grünem Grund. Häufig findet sich auf den Produkten zusätzlich das sechseckige deutsche Biosiegel. Das ist jedoch nicht mehr verpflichtend. „Es sagt das Gleiche aus wie das EU-Siegel. Viele Hersteller drucken es trotzdem freiwillig auf, weil die Verbraucher es schon lange kennen“, erklärt Nicole Merbach, Expertin für Biolebensmittel bei der Stiftung Warentest.

Der EU-Mindeststandard für Bioprodukte gibt unter anderem vor, dass mindestens 95 Prozent der Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs eines Produkts aus ökologischer Herstellung stammen müssen. Tiere müssen in der Regel ständigen Zugang zu Freigelände haben, ihr Futter sollte hauptsächlich im gleichen Betrieb, zumindest aber in der näheren Umgebung, ökologisch hergestellt werden. Zudem dürfen sie nur im Krankheitsfall, also nicht vorbeugend und nur nach strengen Richtlinien, mit Antibiotika behandelt werden.

In der pflanzlichen Erzeugung sind etwa bestimmte Formen des Düngens verboten, der Einsatz von Pestiziden ist streng reglementiert und die Erzeuger müssen mit Rücksicht auf biologische Vielfalt des Bodens wirtschaften.

Verbände

Neben dem EU-Siegel gibt es in Deutschland noch eine Reihe Biosiegel, hinter denen private Verbände stehen. „Die meisten der Verbände sind älter als die EU-Richtlinien“, sagt Rehmer vom BUND. „Das sind die Pioniere, die den Ökolandbau vorangetrieben haben.“ Sie alle müssen den Mindeststandard der EU erfüllen.

„Die Verbände setzen aber noch einiges drauf. Jeder Verband hat eine eigene Philosophie“, sagt Nicole Merbach. So seien nach EG-Ökoverordnung rund 50 Zusatzstoffe in Bioprodukten erlaubt. Bei den Verbänden seien es meist viel weniger. „Jeder Verbraucher muss sich fragen: Gebe ich mich mit dem EU-Standard zufrieden oder möchte ich mehr?“ Was genau dieses „mehr“ bedeutet, schreiben die Verbände in ihren Richtlinien fest. Ein Überblick über die größten Anbauverbände:

Bioland

Bioland ist mit mehr als 6200 Betrieben, die rund 305.000 Hektar Land bearbeiten, der größte ökologische Anbauverband in Deutschland. In vielen Punkten geht der Verband über die Mindeststandards der EU hinaus. So gelten beispielsweise in der Tierhaltung zum Teil strengere Richtlinien: Auf einem Hektar Fläche sind bei Bioland 140 Legehennen erlaubt oder 280 Hähnchen oder zehn Mastschweine. Nach EU-Verordnung dürfen es 230 Legehennen, 580 Hähnchen und 14 Mastschweine sein.


Biokreis

Etwa 1000 Betriebe sind in dem Verband organisiert, der in den 70er-Jahren von Verbrauchern in Bayern gegründet wurde. Obwohl die Produkte bundesweit zu kaufen sind, ist der Verband sehr regional orientiert. Die Richtlinien gehen über die Standards der EU hinaus. Die Vorgaben zur Tierhaltung sind ähnlich streng wie bei Bioland.

Demeter

Die Betriebe bei Demeter arbeiten mit einem anthroposophischen Ansatz, sie wirtschaften also biologisch-dynamisch und orientieren sich beispielsweise auch an den Mondphasen. Demeter geht mit seinen Richtlinien sehr weit über die EG-Verordnung hinaus. So dürfen Milchkühe beispielsweise nicht enthornt werden, und die Haltung von Tieren auf den Höfen ist – anders als bei anderen Verbänden – Pflicht. Dahinter steht die Idee eines geschlossenen Kreislaufs: Aus dem Mist der Tiere entsteht Kompost, der die Fruchtbarkeit des Bodens steigert.

Naturland

Mehr als 2900 Betriebe sind bei Naturland allein in Deutschland organisiert. Sie bewirtschaften rund 150.000 Hektar Land. Die Naturland-Richtlinien gehen weit über die Mindeststandards hinaus. Ziel ist nach eigenen Angaben eine zu 100 Prozent ökologische und faire Landwirtschaft auf der ganzen Welt. Der Verband hat auch soziale Standards für seine auch internationalen Mitglieder festgeschrieben.

Handel

Die Supermarktketten haben das Potenzial, das der Markt für Bioprodukte hergibt, erkannt und eigene Biolinien entwickelt. „Für Verbraucher kann das sehr verwirrend sein, weil sie die Eigenmarken als weitere Siegel wahrnehmen“, sagt Nicole Merbach von der Stiftung Warentest. „Das ist reines Marketing“, sagt Rehmer vom BUND, „der Supermarkt kennzeichnet damit einfach nur seine Biolinie.“ Auch für die gelten die Richtlinien der EU.

Aufpassen sollte man bei Formulierungen wie „aus kontrolliertem Anbau“ oder „alternative Tierhaltung“. „Das heißt nicht, dass die Produkte Bio sind“, sagt Merbach. Es sei nicht definiert, was hinter diesen Formulierungen stehe.