Jena. Forscher haben Bienenparasiten unterm Elektronenmikroskop bei der Fortpflanzung beobachtet

    Fächerflügler der Art Stylops ovinae pflanzen sich auf deutlich drastischere Weise fort als Wissenschaftler bisher annahmen. Das zeigten jetzt Insektenforscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die ihre Untersuchung in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Scientific Reports“ vorstellen. Demnach verletzen die Fächerflügler-Männchen bei der Paarung das Weibchen mit ihrem hakenförmigen Penis und injizieren das Sperma anschließend durch die Wunde direkt in das Körperinnere ihrer Partnerin.

    Die Weibchen der Fächerflügler kann man bereits ab März zu Gesicht bekommen, wenn die Weidensandbiene (Andrena vaga) ihren Bau verlässt. „Manchmal zeigen sich die ersten Bienen besonders früh, schon Wochen bevor es eigentlich Zeit wäre“, sagt Dr. Hans Pohl, Entomologe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena – ein sicheres Zeichen dafür, dass die Tiere von Parasiten befallen sind, etwa dem Fächerflügler. Der nutzt die Biene auf grausige Art und Weise als Brutkasten. Das Weibchen verbringt dabei sein ganzes Leben in der Biene, hauptsächlich im Hinterleib. Nur der etwa stecknadelgroße Kopf ragt aus dem Bienenleib heraus. Das Männchen dagegen lebt frei und hat Flügel.

    „Um das Weibchen zu begatten, hält sich das Fächerflügler-Männchen am Hinterleib der Biene fest und stößt dem herausschauenden Weibchen seinen hakenförmigen Penis in den Hals“, erklärt Biologin Miriam Peinert von der Uni Jena den brutalen Vorgang. „Das Sperma befruchtet anschließend tausende Eizellen im Körper der Weibchen, die sich zu winzigen Larven entwickeln.“ Nach wenigen Wochenschlüpfen die Larven – die Mutter überlebt die Geburt nicht. Dem Männchen ergeht es allerdings wenig besser – seine Lebensspanne beträgt nur wenige Stunden. In dieser Zeit muss es ein Weibchen zur Begattung finden. Die Larven werden durch die Biene auf Blüten verteilt. Von dort aus gelangen sie zusammen mit Pollen in die Nestanlagen und befallen eine neue Bienenlarve. Hier fressen sie sich durch den Wirt, um sich schließlich erneut im Hinterleib der Biene festzusetzen.

    Für die Studie haben die Wissenschaftler die Paarung der Fächerflügler mit Hilfe von Rasterelektronenmikroskop und Computertomograf untersucht. „Die Detailaufnahmen belegen eindeutig, dass wir es mit einer traumatischen Insemination direkt in die Leibeshöhle zu tun haben“, sagt Dr. Pohl. Damit widerlegen die neuen Erkenntnisse die alte Annahme: Bislang waren Insektenforscher nämlich von einem deutlich harmloseren Paarungsritual ausgegangen, bei der die Befruchtung ohne Verletzung über den Geburtskanal erfolgte.