Berlin. Zwei Drittel der deutschen Pisten können künftig selbst mit Kunstschnee nicht mehr betrieben werden, stellt die Bundesregierung fest. Das hätte massive Folgen für die Regionen

Wegen des fortschreitenden Klimawandels sieht die Bundesregierung für die Mehrzahl der deutschen Wintersportgebiete keine Zukunft mehr. Selbst mit Kunstschnee könnte lediglich ein Drittel der Skipisten in den Alpen und den Mittelgebirgen in Betrieb gehalten werden, heißt es in einer Antwort auf die Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen.

In ihrer Stellungnahme konstatiert die Regierung, dass schon jetzt die Hälfte aller deutschen Skigebiete auf künstliche Beschneiung angewiesen seien. Erhöhe sich die mittlere Lufttemperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um zwei Grad, wären „nur noch neun Prozent natürlich schneesicher“. Bei 61 Prozent der Wintersportgebiete könnte selbst mit Schneekanonen nichts mehr erreicht werden. Eine Erwärmung um zwei Grad gilt in Projektionen von Klimaforschern als realistisches Szenario. Laut Auswertung des Deutschen Wetterdienstes ist die mittlerere Temperatur für die Wintermonate in Deutschland seit 1882 um 1,25 Grad angestiegen. In der Alpenregion, so heißt es im Papier, sei die Temperatur im Jahresmittel doppelt so schnell gestiegen wie im weltweiten Durchschnitt: Um zwei Grad habe sich das Alpenland seit dem 19. Jahrhundert erwärmt. Alleine in den vergangenen 25 Jahren habe sich die Fläche der Gletscher in Deutschland halbiert.

In dem Papier geht die Bundesregierung davon aus, dass sich die Höhengrenze für die natürliche Schneesicherheit um 300 Meter nach oben verschieben wird. Für die Betreiber der meisten deutschen Skigebiete dürfte dies massive wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen: Es sei sehr wahrscheinlich, dass die Anzahl der Tage mit einer Schneehöhe von mindestens 30 Zentimetern in den meisten Skigebieten stark zurückgehen wird, heißt es in der Stellungnahme. Damit werde sich die Wintersportsaison deutlich verkürzen oder in höhere Lagen verschieben. Die Regierung beruft sich neben Berichten der OECD und des UN-Klimarates insbesondere auf die Studie des Deutschen Alpenvereins. Dieser hatte 2013 die Vermutung aufgestellt, dass in 15 bis 25 Jahren trotz künstlicher Beschneiung Fell- und Nebelhorn sowie Zugspitze die drei einzigen schneesicheren deutschen Skigebiete sein werden.

Markus Tressel, tourismuspolitischer Sprecher der Grünen und Mitinitiator der Anfrage, warnte angesichts der Prognosen vor einem massiven Rückgang der Beschäftigung und der regionalen Wertschöpfung in Kommunen: „Jede weitere Investition in Skiinfrastruktur in Deutschland ist eine Fehlinvestition“, sagte er. Für den Ausbau des Skitourismus zahlen jedoch nicht nur die Betreiber der Skigebiete, sondern auch die Steuerzahler: Laut Aufstellung der Bundesregierung wurden als Beispiel in den Jahren 2003 und 2008 aus Steuermitteln Fördergelder in Höhe von 3,8 Millionen Euro in „Standseilbahnen, Seilschwebebahnen und Skilifte investiert“.