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Die Stute stand kurz vor der Geburt ihres Fohlens, als sie starb. Was genau sich vor 48 Millionen Jahren im heutigen Südhessen abspielte, ist unbekannt. Aber das versteinerte Ungeborene, das in der Fossilienfundstätte Grube Messel bei Darmstadt im Körper der Stute gefunden wurde, bringt neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Säugetiere.

Der älteste Fund dieser Art zeige, dass sich der Fortpflanzungsapparat bei den Vorfahren der Pferde früher entwickelte als vermutet, teilte das Frankfurter Senckenberg-Institut mit. Das System hat schon damals „genauso funktioniert wie heute“, sagt Forscher Jens Lorenz Franzen. Ganz im Gegensatz zum Fortbewegungsapparat, der sich seit den Lebzeiten der in Messel gefundenen Tiere enorm entwickelt habe. Damals hätten die Urpferdchen – sie waren so groß wie Foxterrier – noch 14 Zehen gehabt, je vier an den hinteren und drei an den vorderen Füßen.

In der versteinerten Gebärmutter mit Mutterkuchen ist das ungeborene Fohlen sehr gut erhalten. Der Fund zeige, „dass die Evolution einer modernen Gebärmutter wahrscheinlich vor 66 bis 56 Millionen Jahren, möglicherweise noch früher stattfand“, so Franzen. Nicht die bevorstehende Geburt sei die Ursache für den Tod der Stute gewesen. „Vielleicht fiel das Muttertier am damaligen Maarsee von Messel giftigen Gasen spätvulkanischen Ursprungs zum Opfer, vielleicht wurde es auch von einem Krokodil getötet, als es zum Trinken ans Ufer kam“, sagte Franzen.

Vor rund 50 Millionen Jahren herrschte im Gebiet der heutigen Ölschiefergrube subtropisches Klima, Regenwald bedeckte die Region. Bekannteste von mehreren Hundert dort entdeckten Tier- und Pflanzenarten ist das Urpferdchen. Es ist das Wahrzeichen der zum Unesco-Weltnaturerbe gehörenden Grube. Entstanden war sie durch einen Vulkanausbruch. Der Kratersee wurde für viele Tiere zur tödlichen Falle. Ihre toten Körper sanken zu Boden, wo sie versteinerten und in dem Ölschiefer gut erhalten wurden.