Berlin. Zwei Forscher fanden jetzt die Todesursache. Die Krankheit kommt auch beim Menschen vor

Der Tod von Deutschlands wohl prominentestem Zootier ist aufgeklärt: Eisbär Knut litt an einer Gehirnentzündung, die „höchstwahrscheinlich“ durch eine Autoimmunerkrankung verursacht wurde. Das berichteten der Wildtierspezialist Alex Greenwood und der Neurowissenschaftler Harald Prüß am Donnerstag in Berlin. Die Krankheit namens Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis kommt auch beim Menschen vor. Im Tierreich wurde sie nun erstmals nachgewiesen.

Knut war vor vier Jahren nach einem epileptischen Anfall in einen Wassergraben im Berliner Zoo gestürzt und ertrunken. Das Team um Prüß vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen hatte Hirnproben des Tieres untersucht und die Ergebnisse im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht. Die Studie könnte aus Sicht der Forscher Folgen für die Therapie bei Mensch und Tier haben. Bekannt war bislang nur, dass der Eisbär an einer Gehirnentzündung – einer Enzephalitis – litt. Die Ursache dafür war aber unklar.

Greenwood vom Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung schien erleichtert: Nicht die Haltungsbedingungen oder Stress, wie teils spekuliert worden war, hätten Knut krank gemacht: „Die Natur ist Schuld“, bilanziert er nun. Dass die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bei Knut erkannt worden sei, nannte er einen „unglaublichen Zufall“. Wohl herbeigeführt hat den Zufall der Neurologe Prüß. Er setzt sich seit wenigen Jahren mit dieser Form der Hirnentzündung auseinander und sah in Knuts Fall Parallelen zum Krankheitsbild beim Menschen. Demenz, Wahnvorstellungen, epileptische Anfälle: Hinter Symptomen wie diesen kann eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis stecken. „Es war relativ leicht, der Spur nachzugehen“, sagt er nun.

2007 wurde der Mechanismus in den USA erstmals beschrieben: Der Körper bildet Antikörper, die – fälschlicherweise – Nervenzellen des Gehirns bekämpfen. Sie docken dort an Transportkanälen an, den NMDA-Rezeptoren, und stören dadurch Signalwege innerhalb des Gehirns, erläuterte Prüß. Besonders ungünstig: Betroffen ist jene Hirnregion, die als Schaltzentrale für Gedächtnis und Lernen gilt.