Braunschweig.

Vom Kristall zur perfekten Kilo-Kugel: Braunschweiger Forscher haben einen sechs Kilogramm schweren, hochreinen Silizium-Kristall aus Russland in Empfang genommen. Er soll helfen, dass Kilogramm neu zu definieren. Das Prunkstück stellten die Experten am Donnerstag in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) vor.

Aus dem Kristall werden in den kommenden Monaten zwei Kugeln geschliffen, die jeweils exakt ein Kilogramm wiegen sollen. Anschließend werden die Wissenschaftler die Atome in einer Siliziumkugel zählen. So könnte in Zukunft die Einheit des Kilogramms genau über die Atomanzahl bestimmt werden. Das Projekt ist Teil eines wissenschaftlichen Wettbewerbs um die Neudefinition der Einheit Kilogramm. Rund 50 Mitarbeiter der PTB arbeiten daran. Weltweit forschen noch weitere Teams an der Neudefinition der Kilogramm-Einheit. Eine Gruppe aus den USA und Kanada nutzt dafür eine sogenannte Watt-Waage. Bei diesem Versuchsaufbau soll ein Kilogramm durch eine passende elektronische Kraft aufgewogen werden.

„Wir erwarten eine Festlegung der Einheit für Ende 2018“, sagte PTB-Wissenschaftler Horst Bettin. Bis aus dem Kristall zwei Kugeln werden, wird einige Zeit vergehen. Eingespannt zwischen zwei Stempelplatten wird pro Minute ein Nanometer von der Oberfläche des Kristalls abgeschliffen. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar wächst pro Minute um 200 Nanometer.

Bis auf Weiteres gilt das Urkilo, das seit 1889 in einem Pariser Tresor aufbewahrt wird: ein Zylinder aus Platin und Iridium, der Maßstab für die Kalibrierung und Eichung aller Waagen weltweit. Es sei die Einzige der sieben internationalen Maßeinheiten, die durch einen realen Körper und nicht – wie etwa Meter oder Sekunde – mit Formeln aus Naturkonstanten dargestellt werde, sagt PTB-Forscher Arnold Nicolaus. Doch das schafft Probleme: Die Gewichtsdifferenz zwischen dem Urkilo und seinen mehr als 80 Kopien, die nationale Messbehörden nutzen, ist auf rund 50 Mikrogramm gewachsen. Die Ursachen sind unklar.