Die Zeitumstellung kann unsere innere Uhr aus dem Takt bringen. Warum wurde die Sommerzeit eigentlich eingeführt? Fragen und Antworten.

Hamburg. In der Nacht zum Sonntag ist es wieder so weit: Um 2 Uhr werden Deutschlands Uhren um eine Stunde vorgestellt - auf die Sommerzeit. Schon seit der Einführung dieser Maßnahme vor 31 Jahren streiten die Deutschen über den Sinn der Zeitumstellung, immerhin ist sie mit einem erheblichen Aufwand verbunden: Allein bei der Deutschen Bahn werden 120 000 Uhren umgestellt. Dieses geschieht, wie beispielsweise auch bei allen privaten Funkuhren, über die Impuls gebenden Atomuhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Doch was bringt die Sommerzeit eigentlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Spart die Sommerzeit Energie?

Die Ölkrise 1973 war der Auslöser: Wir müssen Energie sparen, hieß es in den 70er-Jahren in Deutschland. Deshalb beschloss der Bundestag ein Zeitgesetz, das die Einführung der Sommerzeit erlaubte. 1980 trat sie in Kraft. Die Idee: Durch die Verschiebung der Zeit um eine Stunde nach vorne könnten die Deutschen im Sommer das Tageslicht länger ausschöpfen und müssten weniger Beleuchtung nutzen. Heute weiß man allerdings: Die Sommerzeit bringt nur sehr geringe Energieersparnisse - wenn überhaupt. Studien in Bulgarien und Frankreich 2005 und 2006 zeigten, dass sich der jährliche Energieverbrauch dieser Länder durch die Sommerzeit um gerade einmal 0,01 bzw. 0,014 Prozent reduzierte. Die Bundesregierung teilte bereits 2005 mit, dass die Zeitumstellung keine Energieersparnis bringe. Die Begründung glich der des Umweltbundesamts, das zu dem Schluss kommt: "Zwar knipsen die Bürger im Sommer abends weniger häufig das Licht an, allerdings heizen sie im Frühjahr und im Herbst in den Morgenstunden auch mehr - das hebt sich gegenseitig auf."

In dieser Rechnung wird noch nicht berücksichtigt, dass infolge der länger andauernden Helligkeit abends der Verkehr zunehmen kann, was den Energieverbrauch steigen lässt.

Wirkt sich die Zeitumstellung auf den Körper aus?

Zu Beginn der Sommerzeit könne der natürliche Schlaf-wach-Rhythmus gestört sein, sagt Prof. Jürgen Zulley, Schlafforscher von der Universität Regensburg. "Unsere innere Uhr möchte eigentlich, dass wir später aufstehen und später ins Bett gehen - bei der Umstellung auf die Sommerzeit ist aber das Gegenteil der Fall." Am Tiefschlaf, der in den ersten fünf Stunden der Nacht stattfindet, ändere die fehlende Stunde nichts, allerdings beeinflusse sie den leichten Schlaf sowie den Traumschlaf am Ende der Nacht. Puls und Blutdruck seien dann noch niedrig, das Gehirn schütte noch Schlafhormone aus, der "Wachmacher" Cortisol - ein Stresshormon - sei noch kaum aktiv.

Wer jetzt trotzdem aufstehe, sei womöglich weniger leistungsfähig. "Das fühlt sich an wie ein Mini-Jetlag, der ein bis zwei Tage, aber auch mehrere Wochen andauern kann", sagt Zulley. Eine Forsa-Umfrage für die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) direkt nach der Zeitumstellung im März 2010 ergab: Jeder Vierte hatte Probleme, sich an die fehlende Stunde zu gewöhnen, 21 Prozent der Befragten klagten über Müdigkeit.

Was tun? Schlafforscher Zulley empfiehlt, dass man sich rechtzeitig auf die Zeitumstellung vorbereitet "Es macht Sinn, am Sonntag eine halbe Stunde früher aufzustehen und die Hauptmahlzeiten am Sonnabend und Sonntag eine halbe Stunde vorzuverlegen. Dann sollte sich der Körper am Montag an die Umstellung gewöhnt haben."

Gefährdet die Zeitumstellung die Sicherheit im Straßenverkehr?

In den ersten vier bis fünf Wochen nach der Zeitumstellung steige die Unfallgefahr, meint zumindest der Auto Club Europa (ACE) und verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamts. Diesen zufolge stieg die Zahl der Unfälle in den vergangenen fünf Jahren jeweils im April im Vergleich zum März bundesweit um bis zu 29 Prozent an. Ob dies tatsächlich eine Folge der Zeitumstellung ist oder zum Beispiel der Umstand, dass zu dieser Zeit wieder mehr Menschen mit Fahrrädern und Motorrädern unterwegs sind, ist noch wenig erforscht. Auch denkbar wäre der Einfluss von Rehen und Wildschweinen auf den Verkehr, denn die Tiere fressen weiter abhängig vom Sonnenstand - und kollidieren dabei möglicherweise vorübergehend vermehrt mit den zeitlich verschobenen Autoströmen.

Studien in anderen EU-Ländern haben keinen Zusammenhang zwischen Sommerzeit und Verkehrssicherheit ergeben. Der ACE rät, als Vorsichtsmaßnahme die Autouhr schon am Sonnabend umzustellen, um Verwirrungen am Montag zu vermeiden.

Wirkt die Zeitumstellung auf Tiere?

Ja, aber nur, wenn sie Umgang mit Menschen haben. Auch Tiere verfügten über einen sogenannten circadianen 24-Stunden-Rhythmus, der wie beim Menschen vor allem durch Tageslicht gesteuert werde, sagt Dr. Ralf Wanker, Verhaltensbiologe von der Universität Hamburg. Kühe etwa seien irritiert, dass im Stall das Licht früher angehe und sie früher gemolken werden; möglicherweise gäben sie deshalb eine Zeit lang weniger Milch. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen könnten infolge der Zeitumstellung vorübergehend ihr Verhalten ändern, etwa weniger fressen.

Sollte man nicht besser auf die Zeitumstellung verzichten?

Damit der Binnenmarkt der Europäischen Union funktioniere, müssten der Beginn und das Ende der Sommerzeit in der Gemeinschaft einheitlich geregelt sein, teilte die Bundesregierung 2005 mit. Deshalb werde an der Sommerzeit festgehalten, sofern sie die Mitgliedstaaten der EU nicht gemeinsam abschaffen wollten. Zwar gab es immer wieder Initiativen einzelner Politiker, die Sommerzeit abzuschaffen, aber keine EU-weite gemeinsame Initiative.