US-Forscher finden neue Antikörper. Das reiche noch nicht, sagt ein HIV-Experte

Hamburg. "Diese Entdeckung ist ein weiterer Silberstreif am Horizont - mehr allerdings nicht." So kommentiert Dr. Jan van Lunzen, Leiter der Sektion Infektiologie am UKE, eine neue Aids-Studie aus den USA. Forscher um John Mascola von den US-Gesundheitsforschungsinstituten hatten im Blut eines mit HIV infizierten Patienten zwei neue Antikörper entdeckt, die mehr als 90 Prozent aller bekannten HIV-Stämme stoppen können. Die Proteine VRC01 und VRC02 neutralisierten mehr HIV-Stämme als alle bisher bekannten Antikörper, berichten die Forscher im Fachjournal "Science". Die Erkenntnisse seien zwar ein Fortschritt, sagt Jan van Lunzen, allerdings dürfe sich die Suche nach Impfstoffen nicht nur auf Antikörper konzentrieren: "Wir brauchen eine möglichst breite Immunantwort."

Die Besonderheit der jetzt entdeckten Antikörper VRC01 und VRC02: Sie blockieren eine Stelle auf der Oberfläche des Virus, an der es sich an die Zelle heftet, die es infizieren will. Ist diese sogenannte CD4-Bindestelle besetzt, hindert dies das Virus daran, anzudocken. Während einige Regionen auf der Andockstelle häufig mutieren, verändern sich andere dagegen kaum - eben diese Stellen besetzen die neu entdeckten Antikörper. Das erklärt, warum sie eine so große Zahl von HIV-Stämmen neutralisieren können. Denn das Aidsvirus verändert sich ständig; weltweit gibt es unzählige HIV-Varianten.

Antikörper spielten zwar eine bedeutende Rolle im Kampf gegen Aids, sagt Jan van Lunzen, am wichtigsten seien jedoch die HIV-spezifischen Helferzellen. "Sie können zwar nicht direkt gegen das HI-Virus vorgehen, aber sie dirigieren andere Zellen der Immunabwehr wie etwa B-Zellen, die Antikörper bilden." Da das Virus jedoch die HIV-spezifischen Helferzellen in hohem Maße befalle und vernichte, fehle den "Immunsolisten" des Körpers schnell ihr Dirigent, so van Lunzen. Deshalb suche sein Team nach Impfstoffen, die HIV-spezifische Helferzellen stimulieren und stärken könnten.