Die Bologna-Reform der Hochschulen ist weiter umstritten. Studiengänge sollen flexibler werden

Frankfurt/Main. Feierstimmung herrscht nicht zum Geburtstag: Vor 15 Jahren wurde in der italienischen Universitätsstadt Bologna eine Reform auf den Weg gebracht, die die Hochschullandschaft unter anderem mit der Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge tiefgreifend veränderte. Es gab deswegen heftige Studentenproteste, auch unter Professoren herrschte Unmut. Der Protest ist zwar längst abgeflaut – doch Kritik gibt es noch immer genug.

Ein gemeinsamer europäischer Hochschulraum sollte mit der am 19.Juni 1999 unterzeichneten Bologna-Erklärung geschaffen werden. Abschlüsse sollen vergleichbar sein, Studenten häufiger im Ausland studieren. In Deutschland wurde im Zuge der Reform bereits ein Großteil der Studiengänge auf Bachelor und Master umgestellt. Grundsätzlich war dieser Weg „notwendig“, wie der Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Holger Burckhart, meint. Gerade das zweistufige System mit Bachelor- und Master-Abschluss sei vor dem Hintergrund einer größer und unterschiedlicher gewordenen Studentenschaft ein „enormer Gewinn“. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Achim Meyer auf der Heyde, ist ebenfalls der Meinung, dass die eingeschlagene Richtung richtig ist, „weil mit der Reform einer globalisierten Wissenschafts- und Hochschullandschaft“ Rechnung getragen werde.

Heftige Studentenproteste gegen die Reform sind inzwischen auch Vergangenheit, was HRK-Vize Burckhart zum Teil auf einen „gewissen Gewöhnungseffekt“ zurückführt. Doch seiner Überzeugung nach haben die Studenten auch Respekt davor, dass die Hochschulen die Proteste sehr ernst genommen hätten. Meyer auf der Heyde verweist darauf, dass an vielen Hochschulen die Prüfungsbelastung reduziert worden sei. Katharina Mahrt vom freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften räumt ein, dass die Studentenproteste zu einer Sensibilisierung bei Themen wie Prüfungsstress und Verschulung des Studiums geführt hätten.

HRK-Vize Burckhart bleibt dennoch selbstkritisch: „Wir haben die Reform durchgehetzt und die Studiengänge übersättigt, wir haben die Bildungsidee aus dem Blick verloren.“ Die Studenten hätten keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, was sie gelernt haben. Bachelor- und Master-Studiengänge sollten deshalb flexibilisiert und geöffnet werden. Ein Bachelor-Studium könne dann etwa statt auf sechs auf acht Semester angelegt sein. „Wir müssen Bildung und Bologna wieder miteinander versöhnen“, fordert Burckhart.

Verbreitet sind nach wie vor Zweifel am Wert des Bachelor-Abschlusses. In einer Allensbach-Umfrage für das Reemtsma-Begabtenförderungswerk zeigte sich jüngst mehr als jeder zweite Student überzeugt, dass der Abschluss nicht ausreichend auf das Berufsleben vorbereite.

DSW-Generalsekretär Meyer auf der Heyde ist überzeugt, dass die Akzeptanz höher wäre, wenn der Abschluss konsequent statt nach sechs erst nach acht Semestern vergeben würde. HRK-Vize Burckhart gibt aber zu bedenken, dass die Hochschulen Studenten nicht auf einen bestimmten Arbeitsplatz vorbereiteten. „Hochschulen sind keine Berufsakademien“, betont Burckhart.

Noch zu wenige Studenten gehen nach allgemeiner Einschätzung für einen Teil ihres Studiums ins Ausland. Die Mobilität sei auch deshalb nicht höher, weil die Studiengänge so vollgestopft seien, sagt Burckhart. Er fordert deshalb „Mobilitätsfenster“, die für ein Praxis- oder Auslandssemester genutzt werden können. Studentenvertreterin Mahrt verweist zudem auf die Probleme, ein Auslandsstudium zu finanzieren. Auch die Anerkennung von im Ausland erbrachten Leistungen an der eigenen Hochschule sei nach wie vor problematisch.

Nach 15 Jahren fällt Mahrts Bologna-Bilanz zwiespältig aus. Die Reform sei „kein rundherum gelungener Erfolg, davon sind wir weit entfernt“, sagt sie. Doch die Studentenvertreterin gibt sich zum Jubiläum auch versöhnlich: „Eine Rückabwicklung wäre nicht sinnvoll, wir sollten auch die positiven Aspekte honorieren.“