Eine Studie zeigt: Je mehr Fast-Food-Läden sich in der Nähe befinden, desto dicker sind die Menschen. Weil Appelle an die Vernunft bisher wirkungslos blieben, werden nun Forderungen nach einer Fett-Zucker-Steuer laut.

Berlin. Mancherorts reihen sie sich wie Perlen auf der Kette aneinander: Fast-Food-Läden, Döner-Imbiss- und Pommes-Buden, gefolgt von Sandwich-Läden und Bäckereien, die zuckrige Gebäckstücke anbieten. Niemand kann da auf Dauer widerstehen. Das hat Folgen. Eine britische Umfrage unter fast 5500 Bürgern ergab: Je mehr Fast-Food-Läden sich in der Umgebung der Wohnung oder der Arbeitsstätte befinden, desto dicker sind die Menschen. Da hilft nur eins, meint die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG): eine Zucker-Fett-Steuer.

Nach der Studie, die in der Fachzeitschrift „British Medical Journal“ veröffentlicht wurde, gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Fast-Food-Angebot und dem eigenen Körpergewicht: „Die Bewohner mit den meisten Imbiss-Gelegenheiten waren fast doppelt so häufig übergewichtig wie Bewohner aus Gegenden mit den wenigsten Fast-Food-Läden“, erläutert der Präsident der DDG, Erhard Siegel.

Die Daten der deutschen Nationalen Verzehrsstudie, die 2008 veröffentlicht wurden, zeigen, dass über 58 Prozent der 20.000 Studienteilnehmer übergewichtig oder gar adipös sind.

Übergewicht führt laut Siegel zu einer ganzen Reihe von schwerwiegenden Gesundheitsproblemen: etwa zu Diabetes, einem erhöhten Risiko von Herz- und Schlaganfällen, Gelenkproblemen und höherem Krebsrisiko. „Das alles ist natürlich eine wahnsinnige Belastung des Gesundheitssystems“, erläutert der Internist und Ernährungsmediziner, der am St. Josefskrankenhaus in Heidelberg arbeitet.

Er wolle einen Prozess in Gang setzen, „wie man das Thema Übergewicht in den Griff bekommen kann“: Appelle an die Vernunft der Menschen seien längst gescheitert, befindet der Mediziner. Sozial schwache Menschen erreiche man damit nicht.

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Präventionsmaßnahme sei die Tabaksteuer: „Indem Zigaretten sehr teuer wurden und die Packungen mit sehr deutlichen Gesundheitswarnungen versehen wurden, hat man erreicht, dass der Zigarettenkonsum etwa bei den Zwölf- bis 17-Jährigen um 50 Prozent zurückgegangen ist.“

Ähnliche Erfolge erhofft sich die DDG von einer Zucker-Fett-Steuer. Es gehe um verarbeitete Lebensmittel, bei denen für Verbraucher nicht auf Anhieb ersichtlich sei, wie viele Kalorien darin steckten. „Ein Stück Obstkuchen mit 200 Kalorien sollte günstiger zu haben sein als ein Schoko-Brownie mit 500 Kalorien.“

Das könne auch eine Anregung für die Lebensmittelindustrie sein, ihre Rezepte zu verändern, betont der Geschäftsführer der DDG, Dietrich Garlichs. Man könne etwa Softdrinks auch mit viel weniger Zucker herstellen, ohne den Geschmack zu verändern. „Außerdem sind wir auch nicht für eine einseitige Steuererhebung, vielmehr sollen gesunde Lebensmittel gleichzeitig billiger werden“, sagt der Politologe.

Doch hat die Einführung einer solchen Zucker-Fett-Steuer überhaupt Chancen? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wiegelt ab: „Eine politische Steuerung des Konsums und Bevormundung der Verbraucher durch Strafsteuern lehnt das Ministerium ab“, teilte ein Sprecher mit. Strafsteuern für vermeintlich ungesunde Lebensmittel änderten meist nichts am Ernährungsverhalten der Menschen: „So hat beispielsweise die dänische Regierung im November 2012 ihre ein Jahr zuvor eingeführte Fettsteuer wieder abgeschafft, mit der Begründung, die Steuer habe das Ernährungsverhalten nicht verändert.“ Doch immer mehr Länder sind bereits auf diesem Feld aktiv. Mexiko hat eine Steuer für Nahrungsmittel eingeführt, die mehr als 275 Kalorien pro 100 Gramm enthalten. In Frankreich gibt es seit 2012 eine „Cola-Steuer“ für mit Zucker angereicherte Getränke. Und in Lettland sind an Schulen und Kindergärten ungesunde Lebensmittel und Getränke verboten. Auch in Finnland und Ungarn existieren Steuern auf Dickmacher.

Garlichs ist davon überzeugt, dass solche Maßnahmen auch in Deutschland nur eine Frage der Zeit sind: „Ich gehe fest davon aus, dass sie in den nächsten Koalitionsverträgen auf Bundesebene drinstehen werden.“