Ein Projekt an der Apollon Hochschule in Bremen entwickelt Qualitätskriterien für medizinische Anwendungssoftware

Hamburg. Wer im Internet auf die Suche nach Gesundheits-Apps geht, findet eine Fülle von Angeboten. Doch welche sind wirklich vertrauenswürdig und halten das, was sie versprechen? Darüber sprach das Abendblatt mit Prof. Viviane Scherenberg von der Apollon Hochschule für Gesundheitswirtschaft in Bremen. Sie ist dort Dekanin für den Bereich Prävention und Gesundheitsförderung und leitet die Studiengänge Bachelor Präventions- und Gesundheitsmanagement sowie Bachelor Gesundheitstourismus. Zu ihren wissenschaftlichen Projekten gehört auch die Qualitätssicherung von Gesundheits-Apps in Kooperation mit der Initiative Präventionspartner von Dr.Ursula Kramer.

Hamburger Abendblatt:

Was untersuchen Sie in Ihrem Projekt?

In diesem Projekt geht es um Transparenzkriterien im Bereich von Gesundheits-Apps. App-Nutzer müssen Orientierungspunkte darüber erhalten, woran sie gute und schlechte Apps erkennen können. Für gesundheitsbezogene Internetseiten gibt es bereits Orientierungshilfen: Die Siegel der Stiftung Health on the Net (HON) oder des Aktionsforums Gesundheitsinformation (afgis) garantieren die Einhaltung überprüfbarer Qualitätsmerkmale, zum Beispiel Datenschutzeinhaltung, Quellenbeleg für Gesundheitsinformationen, Impressum. Daher haben wir daran angelehnt den HealthonApp-Ehrenkodex entwickelt, der auf ähnlichen Qualitätskriterien beruht. Die Einhaltung dieses Ehrenkodex überwacht die Community aller App-Nutzer, inklusive der medizinischen Fachexperten und Entwickler. Denn nur sie können in diesem wachsenden Markt die Einhaltung oder Nichteinhaltung der Kriterien zeitnah melden und zur stärkeren Markttransparenz beitragen.

Was besagt dieser Ehrenkodex?

Der Ehrenkodex umfasst sieben Kriterien, die eine Gesundheits-App enthalten sollte. 1. Nennung des Autors mit fachlicher Qualifikation und medizinische Richtigkeit, 2. Datenquellen mit aktuellem Stand der Informationen, 3. gut sichtbarer Hinweis darauf, dass die App kein Ersatz für die Beratung beim Arzt ist, 4. Produkt- und Werbefreiheit der gesundheitsbezogenen Informationen, 5. Nennung aller Finanzierungsquellen, 6. Hinweis zu Datenschutzrichtlinien, 7. Impressum mit den genannten Punkten und der Nennung eines Ansprechpartners mit Kontaktadresse.

Was bedeutet in diesem Zusammenhang freiwillige Selbstkontrolle?

Anbieter können sich freiwillig zur Einhaltung des HealthonApp-Ehrenkodex verpflichten. Im Rahmen der freiwilligen Selbstkontrolle wird der App-Anbieter bei Meldung von Verstößen gegen den HealthonApp-Ehrenkodex informiert und gebeten, die erforderlichen Änderungen der gemeldeten App unverzüglich durchzuführen, ansonsten darf er das Siegel nicht mehr verwenden. Jeder Nutzer, der Verstöße gegen den HealthonApp-Ehrenkodex erkennt, kann diese melden. Die Nichteinhaltung der Kriterien unterschiedlicher Anbieter ist auf der Seite www.healthon.de öffentlich sichtbar. App-Anbieter, die den Ehrenkodex innerhalb ihrer Apps befolgen, können dies kenntlich machen bei der Bewerbung dieser Apps mit dem HealthonApp-Siegel für vertrauensvolle Gesundheitsinformationen in Apps.

Welche Qualitätslabels gibt es bisher für Gesundheits-Apps?

Der TÜV bietet seit kurzem für Apps ein kostenpflichtiges Prüfverfahren mit einer „Check your App“ Zertifizierung an. Dieses Verfahren ist allerdings nicht auf Gesundheits-Apps beschränkt, sondern für alle Apps übergreifend. Das Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen (ZTG) prüft Gesundheits-Apps und stellt die Ergebnisse für Verbraucher über die Plattform www.appcheck.de zur Verfügung. Das Angebot umfasst derzeit acht Gesundheits-Apps und beschränkt sich vor allem auf Diabetes-Programme. Die Healthon-Initiative hat derzeit 138 Gesundheits-Apps analysiert, von denen sich Anbieter von neun Apps zur freiwilligen Einhaltung des Healthon-Ehrenkodex verpflichtet haben und die Kriterien einhalten. Die Medizinische Hochschule Hannover hat mit ihrem PLRI MedAppLab ein Muster für eine standardisierte Beschreibung von Gesundheits-Apps entwickelt, an der sich App-Hersteller orientieren können. Sie hilft außerdem Anwendern dabei, bereits vor dem Download einer App deren Vertrauenswürdigkeit einzuschätzen (www.app-synopsis.de).