Im südlichen Golf von Mexiko fanden Forscher zahlreiche bis zu 50 Meter hohe bewachsene Hügel

Bremen. In 500 bis 600 Metern Wassertiefe stießen die Forscher auf ein bisher unbekanntes Ökosystem: Im südlichen Golf von Mexiko, auf der Campeche-Bank, entdeckten sie eines der weltweit größten Kaltwasserkorallenriffe. Die Kamera des unbemannten Tauchfahrzeugs zeigte zahlreiche 20 bis 50 Meter hohe Korallenhügel, die eine Fläche von mehr als vierzig Quadratkilometern bedecken. Das Team unter Leitung von Prof. Dierk Hebbeln vom Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (Marum) der Uni Bremen berichtet darüber in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Biogeosciences“.

In kühlen, tieferen Ozeanstockwerken lebende Kaltwasserkorallen stehen seit mehr als einem Jahrzehnt im Fokus der Meeresforschung. Auf Schiffsexpeditionen wurden etliche derartige Ökosysteme entdeckt: Von Norwegen entlang Europas und Nordafrikas bis Mauretanien und in verschiedenen Regionen des Mittelmeers, aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks vor North Carolina oder den Bahamas. Hinsichtlich der Artenvielfalt können es diese Tiefwasserkorallensysteme durchaus mit ihren Verwandten in tropisch-subtropischen Flachwasserzonen aufnehmen. „Aus Echolot-Untersuchungen wussten wir, dass es vor Mexiko hügelartige Strukturen gibt, die den Kaltwasserkorallen-Hügeln in anderen Regionen sehr ähneln“, sagt Expeditionsleiter Hebbeln. Eine Ausfahrt mit dem Forschungsschiff „Maria S. Merian“ sollte genauere Aufschlüsse bringen.

Etwa 140 Seemeilen nördlich der mexikanischen Halbinsel Yucatán untersuchten die Forscher rund 180 Quadratkilometer Meeresboden. „Wir stießen auf bis zu 50 Meter hohe, längliche Hügel“, sagt Korallenexpertin Dr. Claudia Wienberg. Manche der Hügel erstrecken sich über mehr als 1000 Meter. „Lebende Korallenkolonien besiedeln insbesondere die oberen Bereiche der Hügel. Dort entdeckten wir regelrechte Korallendickichte“, so die Forscherin.

In den lebenden Korallendickichten im oberen Bereich der Hügel leben Dornenkrabben, Seeigel, Seesterne, Schnecken und Seelilien. Unterhalb der Kammlagen prägen abgestorbene Korallenskelette das Bild. Sie sind Lebensraum für Glasschwämme und gelbe Seeanemonen. „Dieses Korallenökosystem ist in seiner Ausdehnung mit den großen norwegischen Riffen vergleichbar und zählt damit zu den größten Vorkommen weltweit“, sagt Prof. André Freiwald vom Forschungsinstitut Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven.

Unklar bleibt, seit wann die Kaltwasserkorallen die Campeche-Bank besiedeln. Vergleichbar hohe Korallenhügel vor Irland entstanden bereits vor mehr als zwei Millionen Jahren, während Korallenhügel vor Norwegen seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren anwuchsen.