Das neue Thünen-Kompetenzzentrum für Holzherkünfte verschafft neuer EU-Verordnung Geltung. Diese sagt Raubbau-Ware den Kampf an.

Hamburg. Im Labor des Thünen-Instituts für Holzforschung in Hamburg-Lohbrügge stehen Pakete mit Gartenstühlen aus China. Eine große Handelskette will sie zum Frühjahr auf den Markt bringen. Doch sie hegt den Verdacht, dass die Möbel nicht, wie angegeben, aus Eukalyptusholz gefertigt sind. Nun werden die Holzforscher aktiv: Sie nehmen eine Probe, kochen sie kurz, um hauchdünne Schnitte anfertigen zu können. Unter dem Mikroskop vergleichen sie die Zellstruktur des Holzes mit Referenzproben. "Wir wissen bereits, dass kein Eukalyptus, sondern afrikanische Tropenhölzer verarbeitet wurden", sagt Dr. Gerald Koch, Herr über eine Holzbibliothek, die 10.500 Baumarten aus aller Welt umfasst. "Jetzt müssen wir noch feststellen, ob das Holz illegal geschlagen wurde."

Das lässt sich oft erst klären, wenn man weiß, aus welcher Region das Holz stammt. Beispiel: Beim echten Mahagoni sind zwei Arten auf dem Markt. Eine darf nur noch gehandelt werden, wenn sie in Mexiko oder Guatemala geerntet wurde. Für die andere - Kuba-Mahagoni - besteht nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen ein absolutes Handelsverbot. Kürzlich untersuchten die Hamburger Forscher Proben einer Holzlieferung, die über Rotterdam nach Deutschland gelangten. Die in vier Containern verstaute Ware war nur als tropische Rundhölzer deklariert. Der Vergleich mit Proben aus der Holzbibliothek zeigte: Es war echtes Mahagoni - 20 Kubikmeter Holz im Wert von 250.000 bis 280.000 Euro. Doch woher kam es?

Die Kollegen des Instituts für Forstgenetik wurden aktiv. Mithilfe eines bestimmten Gen-Musters können sie die Art bestimmen. Und tatsächlich: Das fragliche Holz war Kuba-Mahagoni und damit illegal. Es wurde beschlagnahmt und dient nun einem guten Zweck. Koch: "Es ging an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Dadurch kann das Schloss Sanssouci in Potsdam mit Original-Mahagoni renoviert werden."

Ob falsch deklariert oder Raubbauholz: Beide Vergehen sind ein Fall für die neue Holzhandelsverordnung der EU. Sie tritt am kommenden Sonntag in Kraft und verlangt von Firmen, die Holz oder Holzprodukte auf den EU-Markt bringen, den Nachweis, dass der Rohstoff aus legalen Quellen stammt. Sie müssen die Art, Herkunft und Lieferanten des Holzes nennen.

Auch die weltweiten Warenströme sowie Zertifizierungsprogramme werden von Hamburger Wissenschaftlern untersucht, sie arbeiten im Thünen-Institut für Weltforstwirtschaft und im Institut für Forstökonomie. Zusammen mit den Holzforschern und -genetikern haben sich die beiden Institute zum Kompetenzzentrum für Holzherkünfte zusammengeschlossen. Es soll die Arbeit der Holzdetektive noch effizienter gestalten, denn die neue Verordnung wird zusätzliche Arbeit bringen.

Schon jetzt führen die Teams um Dr. Gerald Koch und Forstgenetiker Dr. Bernd Degen jährlich rund 400 Art- und Herkunftsbestimmungen von mehr als 1000 Proben durch. Sie sind längst zum ersten Ansprechpartner für Handelsunternehmen, Behörden, Umweltverbände und besorgte Verbraucher geworden, wenn es um verdächtige Holzchargen und -produkte geht. Noch liegt der Schwerpunkt auf dem deutschen Markt, doch soll das Zentrum weiter wachsen. "Es gibt kein anderes Kompetenzzentrum dieser Art in der EU", sagte Matthias Schwoerer vom Bundeslandwirtschaftsministerium am Mittwoch in Lohbrügge, als das Zentrum offiziell vorgestellt wurde.

Weltweit einmalig ist die Bergedorfer Holzbibliothek (Xylothek), die die Referenzmuster für die Artbestimmung liefert. Hier haben sich 37.500 Holzmuster angesammelt. Die ältesten stammen aus den 1920er-Jahren; Forscher vom "Reichsinstitut für ausländische und koloniale Forstwirtschaft" legten damals den Grundstein. Inzwischen kommt auch die hoch technische Methode der DNA-Sequenzierung zum Zuge. Sie zeigt in speziellen Genabschnitten Unterschiede innerhalb einer Baumart an. Daraus lässt sich mit einer Genauigkeit von rund 50 Kilometern die regionale Herkunft des Holzes bestimmen.

Doch dazu ist eine enorme Vorarbeit nötig. Allein für das echte Mahagoni nahmen die Hamburger Forscher 2000 Proben von 34 Standorten in Mittel- und Südamerika, um die genetischen Profile zu bestimmen. In Zentralafrika erfassen sie für sieben wichtige Wirtschaftsbaumarten die räumlich-genetische Muster, dazu für Meranti und Merbau (Südostasien), für die Sibirische Lärche und Mongolische Eiche.

Außerdem wollen die Holzforscher den genetischen Nachweis für Tropenholz in Papier entwickeln. Denn auch Zellstoff und Papierprodukte fallen unter die Holzhandelsverordnung, doch wurde bei der Papierproduktion die Holzstruktur zerstört, sodass die Xylothek nicht mehr weiter hilft. Hier suchen die Forscher nach speziellen Merkmalen der einzelnen Holzzellen. Noch in diesem Jahr wollen sie einen "Faseratlas" erstellen, mit dem sich die 25 wichtigsten Baumarten aus Südostasien im Papier nachweisen lassen.

Trotz allen Aufwands bleibt der gesunde Menschenverstand die Basis der Laborarbeit. Wenn, wie bei den Gartenstühlen, verarbeitete Produkte aus Eukalyptusholz aus China importiert werden, ist das derzeit verdächtig: "In China ist Eukalyptusholz gerade ausverkauft", sagt Gerald Koch. Generell nehmen das Reich der Mitte und andere asiatische Staaten derzeit Holz aus aller Welt wie mit einem riesigen Staubsauger auf, so Koch: "Wir haben heute Pinselstiele und andere Alltagsgegenstände aus Tropenholz, denn die Produktionsstätten haben sich nach Asien verlagert. Dort muss die Rohware schnell und billig zu haben sein - die Holzart interessiert nicht weiter."