Experten berieten, wie durch Landstrom Emissionen vermieden werden können. Dieselpartikel schädigen Lungenzellen, zeigt eine Studie.

Hamburg. Saubere Luft (engl. clean air) im Hafen - für dieses Ziel kämpft der Naturschutzbund (Nabu) Hamburg. Er ist einer von zehn Umweltverbänden aus fünf Ländern, die im EU-geförderten Projekt Clean Air for European Cities für bessere Luft in Städten sorgen wollen. Der Nabu übernahm das Thema Luftreinhaltung in europäischen Häfen. Fast 80 Experten aus der Hafenwirtschaft, aus Hochschulen und Verwaltung kamen am Freitag zum Auftaktworkshop Clean Air in Ports.

Das in der Schifffahrt genutzte Schweröl ist mit einem hohen Schadstoffausstoß verbunden - die Luft über den Weltschifffahrtsrouten ist messbar stärker verschmutzt als andere Lufträume über den Ozeanen. Obwohl die Schiffe in Europa und den USA einen leichteren Brennstoff nutzen müssen, wenn sie sich den Küsten und Häfen nähern, bleiben sie eine Hauptschadstoffquelle in Hafenstädten. Das gilt gerade auch für Hamburg, da hier der Hafen im Stadtzentrum liegt.

Auf lokaler Ebene machen vor allem Schwefeldioxid, Stickoxide und Feinstäube Probleme. Dabei rücken die Ruß- und anderen Partikel immer stärker in den Fokus. "Epidemiologische Studien weisen auf das große Gesundheitsrisiko von Feinstäuben aus dem Schiffsverkehr hin", sagte Prof. Ralf Zimmermann, Chemiker an der Universität Rostock. Er leitet das virtuelle Helmholtz-Institut HICE-Aerosols and Health, in dem die Rostocker Forscher gemeinsam mit Experten des Helmholtz Zentrums München die gesundheitlichen Wirkungen von Partikeln aus Schiffsabgasen untersuchen. Dazu leiten sie die Abgase eines Schiffdieselmotors über Kulturen von menschlichen Lungenzellen.

Zimmermanns Münchner Kollege, der Toxikologe Prof. Jeroen Buters, referierte erste Ergebnisse der 2012 begonnenen Testläufe. Die Forscher setzten die Lungenzellen in drei Versuchsanordnungen sauberer Luft, Dieselabgasen sowie gefilterten Abgasen, die nur noch Feinstaub enthielten, aus. Anschließend untersuchten sie die Zellen auf Schäden. Fazit: Die Partikel spielen bei der Zellschädigung eine große Rolle. "Aus unserer Sicht sollten Häfen umgehend für eine Minimierung unnötiger Schiffsemissionen, zum Beispiel durch Landstromanschlüsse, sorgen", raten die Wissenschaftler.

Landstrom ist in Hamburg ein Thema, speziell zur Stromversorgung von Kreuzfahrtschiffen. Wenn diese am Kai liegen, haben sie schnell einen Stromverbrauch wie eine Kleinstadt. Bislang erzeugen die an Bord befindlichen Dieselgeneratoren den Strom, mit entsprechender Schadstoffbelastung der Umgebung. "Landstrom soll zukünftig an den Kreuzfahrtterminals zur Verfügung stehen", sagte Jens Meier, Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority. Schlepper, Binnenschiffe und Barkassen würden bereits von Land aus mit Strom versorgt - "wir haben im Hafen mehr als 130 Anschlüsse".

Größere Schiffe, die höhere Leistungen nachfragen, werden jedoch noch nicht bedient. Das geschieht seit 2008 im Lübecker Hafen. Er hat mit dem finnischen Forst- und Logistikkonzern StoraEnso einen Kunden, der dreimal in der Woche Papier anlandet und dabei die Hafensteckdose nutzt, aus der 100 Prozent Ökostrom fließt. Im Bundestag gebe es gerade die Initiative, nach dem grünen Strom für den Schienenverkehr auch den Ökostrom für die Schifffahrt von der EEG-Umlage zu befreien, sagte Ralf Giercke von den Stadtwerken Lübeck. Die Gretchenfrage sei, wer die Investitionen in die Infrastrukturen an der Kaikante bezahle, so Giercke. In Lübeck habe die Stadt die Trafostation bezahlt und den Reeder durch eine Strukturabgabe an der Finanzierung beteiligt.

In Hamburg wird der Strom für "große Pötte" frühestens 2015 und dann zunächst nur am Kai des Kreuzfahrtterminals Altona fließen. Eine europaweite Ausschreibung der Anlage sei nötig, erläuterte HPA-Chef Meier. Noch sei sie nicht einmal in Auftrag gegeben, kritisierte Alexander Porschke, Vorsitzender des Nabu-Hamburg. Und: Selbst wenn die Ausschreibung bis Ende des Jahres abgewickelt sei, so würde ein weiteres Jahr ins Land gehen, bevor die Anlage ihren Betrieb aufnehmen könne, prognostiziert Giercke - "alle Trafos, die in Europa gebaut werden, gehen nach China. Sie haben Lieferzeiten von rund zwölf Monaten."

Eine Alternative zum Landstromanschluss ist die Stromproduktion auf der Wasserseite. Das Kreuzfahrtunternehmen Aida Cruises will ein schwimmendes Kraftwerk einsetzen: eine Schute mit fünf Dieselmotoren an Bord, die mit Flüssiggas Strom produzieren. "Wir warten nur auf die Genehmigung, dann geht's los", sagte Monika Griefahn, Umweltbeauftragte bei Aida. Auf der sogenannten Power Barge könne der Strom mit optimaler Motorenleistung schadstoffarm produziert werden, betonte Griefahn.

Das bestätigte Schiffbauingenieur Jürgen Isensee. Doch war er, wie andere Fachleute im Publikum, skeptisch, dass das Gas auch als Brennstoff zum Antrieb von Schiffen sinnvoll ist. Denn im Betrieb entweicht Methan, ein Treibhausgas, das fast 30-mal stärker wirkt als CO2. Das zeigt: Saubere Schiffe in Häfen sind eine Herausforderung, saubere Schiffe in Fahrt eine weit größere.