Schlafen, ruhen, Energie sparen: Frösche vergraben sich im Schlamm, der Rothirsch legt sich ein dickes Fell zu. Das sind die tierischen Tricks.

Wer im Winter noch ein Blatt an einem Zweig hängen sieht, sollte es nicht abreißen: Es könnte ein Zitronenfalter sein. Dieser gelbe Schmetterling aus der Familie der Weißlinge hat eine Überlebensstrategie entwickelt, die rekordverdächtig ist: „Er scheidet über Kot und Harn überschüssiges Wasser aus und konzentriert seine Körpersäfte“, erklärt der Biologe Klaus Richarz. Schließlich lagert der Falter Glyzerin ein, das den Gefrierpunkt seiner Körperflüssigkeit herabsetzt. So kann er bis zu minus 20 Grad in Kältestarre überleben.

In unseren Breiten sind die meisten Tiere wechselwarme Organismen, das heißt, sie können ihre Körpertemperatur nicht konstant halten. Den Winter überstehen viele von ihnen kältestarr in frostfreien Räumen: Frösche graben sich in den Schlamm von Gewässern ein, Kröten und Molche in Erdhöhlen, Eidechsen kriechen in Mauerspalten, Schlangen in Komposthaufen und Insekten mit oder ohne Frostschutz in Mauerritzen. Die meisten Schmetterlinge überwintern als Puppe oder Ei. Nur der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge suchen Schutz in Schuppen und Dachstühlen.

Kältestarre ist die extremste Form, um den Winter zu überleben. Warmblütige Säugetiere, die auf Insektennahrung angewiesen sind, verschlafen den Winter, um Energie zu sparen: Igel, Schlafmäuse und Fledermäuse fressen sich, hormonell gesteuert, im Herbst Winterspeck an. Andere horten Vorräte wie der Feldhamster. Dann ziehen sie sich für Monate in geschützte Quartiere zurück: Laubhaufen, Holzstapel, Keller oder ausgepolsterte Nistkästen. „Dort reduzieren sie ihre Körperoberfläche, indem sie sich einrollen“, erläutert Richarz.

Der eigentliche Winterschlaf wird dann von der Umgebungstemperatur ausgelöst: beim Igel sind das 17 Grad, beim Hamster etwa neun bis zehn. Die bioelektrische Aktivität des Gehirns nimmt ab, die Frequenz von Atmung und Herzschlag geht zurück, die Körpertemperatur sinkt, beim Feldhamster etwa von 35 auf vier bis sechs Grad Celsius. Wird bei strengem Frost ein unterer Grenzwert erreicht, beginnt der Körper mit Erwärmungstechniken wie dem Kältezittern: Atemfrequenz und Herztätigkeit erhöhen sich wieder.

Einige Tiere werden gelegentlich aktiv, um Nahrung zu sich zu nehmen, wie der Hamster und das Murmeltier. In jüngster Zeit wachen sie allerdings häufiger und früher auf als es ihrer Energiebilanz guttäte. Schuld ist der Klimawandel: Höhere Wintertemperaturen wie Ende Dezember heizen den Stoffwechselprozess an, der Winterspeck verbraucht sich vorzeitig. Siebenschläfer werden mittlerweile vier bis sieben Wochen früher aktiv.

Warmblüter wie Dachs, Waschbär und Eichhörnchen sparen Energie, indem sie sich in ihren unterirdischen Bau, ihre Baumhöhle oder ihren Kobel zurückziehen und ruhen. Die Körpertemperatur bleibt während der Winterruhe konstant. Hin und wieder verlassen die Tiere ihr Versteck, um Futter zu suchen oder ihre Vorräte auszugraben wie das Eichhörnchen. Auch Bären verbringen die kalte Jahreszeit in Winterruhe.

Wer nicht schläft oder ruht, muss warm angezogen sein. Am wohligsten hat es der Fischotter mit seinen 50.000 Haaren auf der Fläche eines Daumennagels und den eingelagerten Luftpolstern. Auch im Winterfell des Feldhasen staut sich die Luft zwischen zusätzlichen Wollhaaren. Zudem lässt er sich gern in seiner Erdmulde einschneien, denn der Schnee schützt ihn vor Frost. Steinmarder überwintern lieber in Menschennähe: Hier ist der Tisch reich gedeckt, und auf dem Dachboden ist es trocken und warm.

Der Rothirsch legt sich im Herbst ein eher graues Gewand aus drei Haarschichten zu. Sein Winterhaar ist doppelt so lang wie sein Sommerhaar. Ähnlich wie die Rehe nach dem Haarwechsel verbringt auch das Rotwild kalte Phasen in dichtem Wald, ohne sich mehr als unbedingt nötig zu bewegen. Wildschweine rotten sich im Winter zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen. Eine dicke Speckschicht sowie Luftkammern in der Unterwolle isolieren sie gegen die Kälte.

Es gibt aber auch Tiere, die so gut an den Winter angepasst sind, dass sie schon das Frühlingserwachen vorwegnehmen. Rotfüchse etwa, die sich im Februar paaren, und Enten, die im Winter balzen. Während andere Vögel das Weite gesucht haben, stehen Enten barfuß auf dem Eis.

„Sie haben von Natur aus kalte Füße“, erläutert Eva Goris von der Deutschen Wildtierstiftung. Da Enten mit ihren Null-Grad-Schwimmhäuten das Eis nicht antauen, frieren sie nicht daran fest. Ihre spezielle Blutzirkulation und eingelagerte Salze sorgen für einen optimalen Wärmeaustausch zwischen inneren Organen und Extremitäten.