Hamburger Ärzte nehmen Stellung zum neuen Krankenhausreport der AOK

Hamburg. In ihrem Krankenhausreport kommt die AOK zu dem Schluss, dass die steigende Anzahl von Operationen in Kliniken nicht allein durch den medizinischen Bedarf zu erklären ist. Operationen würden oft nur erbracht, damit die Kliniken ihre Einnahmen verbesserten, kritisierten der AOK-Bundesverband und das Wissenschaftliche Institut der AOK bei der Vorstellung des Reports am Freitag in Berlin. Hamburger Ärzte sehen aber auch noch andere Gründe für diese Entwicklungen, zum Beispiel den Anstieg bei den Wirbelsäulenoperationen, die sich zwischen 2005 und 2010 mehr als verdoppelt haben.

"Wir behandeln unsere Patienten möglichst ohne Operationen. Ein Beispiel sind Bandscheibenvorfälle, die hier mit einer Spritzentherapie behandelt und dann wieder entlassen werden", sagte Privatdozent Dr. Nils Hansen-Algenstaedt, Chefarzt der orthopädischen Wirbelsäulenchirurgie am Universitätsklinikum Eppendorf. "Auf der anderen Seite kommen bei schwer kranken Tumorpatienten neue Therapieverfahren zum Einsatz, mit denen Patienten heute schonend operiert werden können, die wir früher nicht operieren konnten. Unnötige Operationen sehe ich am ehesten im Bereich der degenerativen Erkrankungen, wo der Entscheidungsspielraum der konservativen Therapie manchmal nicht ausgereizt wird", sagte der Wirbelsäulenchirurg. In manchen Fällen könne man sicher noch warten, sagte Prof. Uwe Kehler, Chefarzt der Neurochirurgie an der Asklepios Klinik Altona. "Ich sehe aber auch immer wieder Patienten, die längst hätten operiert werden müssen. Minimal-invasive Techniken erlauben es heute, alte Menschen schonend zu operieren, bei denen ein Eingriff früher unmöglich war. Dadurch ist die Anzahl der Operationen sicher auch gestiegen."

In dem Bericht wird weiter angeführt, dass beim Einsatz und dem Wechsel von Defibrillatoren zur Behandlung von schweren Herzrhythmusstörungen die Zahl der Eingriffe zwischen 2008 und 2010 um 25 Prozent gewachsen sei. Nur ein Zehntel dieses Anstiegs lasse sich auf den steigenden Anteil älterer Menschen in unserer Gesellschaft zurückführen. Es habe sich aber auch an den Empfehlungen für die Behandlung einiges geändert, sagt Prof. Stephan Willems, Direktor der Klinik für Kardiologie mit dem Schwerpunkt Elektrophysiologie am Universitären Herzzentrum des Uniklinikums Eppendorf: "Die Krankheitsbilder, die mit einem Defibrillator behandelt werden können, sind erweitert geworden, sodass mehr Patienten früher als bisher einen Defibrillator implantiert bekommen. Außerdem hat sich herausgestellt, dass ein Defibrillator der medikamentösen Therapie überlegen ist." Zudem sei die rein vorbeugende Behandlung mit diesen Geräten ausgedehnt worden. Dennoch gebe es immer noch eine Unterversorgung. "Auf der anderen Seite müssen wir uns auch bemühen, dass die Spezialausbildung in den verschiedenen Bereichen der Herzmedizin gefördert wird", sagt Willems.

Eine Zusatzausbildung für den Bereich interventionelle Kardiologe (Behandlung mit Herzkathetern) sei jetzt auf dem Weg. In diesem Bereich hatte der Report große Unterschiede zwischen einzelnen Kliniken festgestellt. So traten nach Untersuchungen mit Herzkathetern in 74 der 614 Kliniken bei weniger als fünf Prozent der Patienten Komplikationen auf. In 37 Krankenhäusern lag die Rate hingegen bei mehr als 15 Prozent.