Fünf Hamburger Schulen schließen unter anderem mit dem Desy einen Kooperationsvertrag über einen speziellen Physikkurs.

Hamburg. Erst sieht es nur nach Staubkörnern im Schein einer Taschenlampe aus. Doch bei längerem Hinsehen sind Schlieren zu erkennen, die immer wieder kurz durch die Nebelkammer huschen. Diese Schlieren in dem umfunktionierten Aquarium sind Spuren von Teilchen aus dem Kosmos. Die Myonen und Elektronen umgeben uns, ohne dass wir es merken. Mit selbst gebauten Wilsonschen Nebelkammern haben 25 Mädchen und Jungen von fünf verschiedenen Schulen hier, im abgedunkelten Raum des Schülerlabors auf dem Gelände des Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) in Bahrenfeld gezeigt, was sie gelernt haben. Sie forschen über das, was die Welt im Innersten zusammenhält. Es geht um die kleinsten Teilchen: Quarks, Elektronen und Co. Und zwar am Desy, wo Teilchen beschleunigt werden und Wissenschaftler den Geheimnissen des Universums auf den Grund gehen.

Die 15- bis 19-jährigen Schüler haben im Rahmen der "Schulkooperation Teilchenphysik" die Spuren elektrisch geladener Teilchen nachgewiesen. Als Nebelkammer wird in der Physik ein Teilchendetektor bezeichnet, der ionisierende Strahlung nachweist und für manche Teilchen dabei eben auch deren Bahn sichtbar macht - ähnlich den Kondensstreifen von Flugzeugen. Diese Teilchen tatsächlich zu sehen sei das, was Physik so spannend mache: "Wir müssen unsere Schüler an die Phänomene heranführen", sagt Jörn Krönert, Physik- und Chemielehrer an der Stadtteilschule Barmbek, die neben der Sankt-Ansgar-Schule, den Gymnasien Grootmoor und Süderelbe und dem Matthias-Claudius-Gymnasium eine Kooperationsvereinbarung mit Desy unterschrieben hat.

"Dieses Erstaunen über das, was ein Herr Wilson mal entdeckt hat, müssen wir den Schülern erst einmal näher bringen", so Krönert. Der Erfinder der Nebelkammer, Charles Wilson, wollte ursprünglich das Geheimnis der Wolkenentstehung untersuchen. Mit seiner Versuchsanordnung ließ sich aber auch kosmische Strahlung nachweisen.

Jan Philip Weiland, 15, vom Grootmoor-Gymnasium hat für das Experiment unter anderem ein Filztuch mit dem Alkohol Isopropanol getränkt. Außerdem wird für die Kühlung Trockeneis benötigt. Stimmt alles in der Versuchsanordnung, werden die Teilchen sichtbar, wenn die Nebelkammer in der Dunkelheit mit einer Taschenlampe beleuchtet wird.

Das, was Jan Philip Weiland und die anderen Schüler, darunter neun Mädchen, Schulsenator Ties Rabe (SPD), Desy-Direktor Helmut Dosch und der Leiter der Initiative "Netzwerk Teilchenwelt", Michael Kobel von der TU Dresden, präsentierten, soll jetzt ausgeweitet werden und einen offiziellen Charakter bekommen. In der Kooperationsvereinbarung, die im vergangenen Jahr aus einem Besuch von fünf Hamburger Lehrern am Cern (Europäische Organisation für Kernforschung) in Genf entstanden ist und jetzt für drei Jahre festgeschrieben wird, setzen sich Desy, das Netzwerk Teilchenwelt, die Initiative NaT (Initiative Naturwissenschaft und Technik) und die beteiligten Schulen das Ziel, den "Hamburger Schülerkurs Teilchenphysik" schulübergreifend für die 9. und 10. Klassen und Schülern der Oberstufe anzubieten. Dieser soll den Jugendlichen in einem dreitägigen Kursprogramm die Faszination der Teilchenphysik anschaulich und praxisnah vermitteln.

"Unsere Hoffnung ist, dass die teilnehmenden Schüler als Multiplikatoren an ihren Schulen mehr Lust auf Physik machen", sagt Andreas Spangenberg, Physik- und Mathelehrer am Matthias-Claudius-Gymnasium. Sein Schüler Timo Blechschmidt, 15, muss nicht mehr überzeugt werden. Er mag Physik und ist richtig gut darin: "Schwierig ist es nicht. Es ist eine Frage, ob man mitdenkt oder nicht. Man darf sich eben nicht passiv zurücklehnen", sagt er. Und Maya Lange vom Gymnasium Süderelbe findet es spannend zu erfahren, wie die Dinge funktionieren.

Physik sei für den Normalbürger häufig nicht zu verstehen, sagt Desy-Leiter Helmut Dosch. "Wir brauchen die jungen Leute, die dieses Denken früh lernen. Wir müssen den Nachwuchs rechtzeitig für diese schwierigen Themen gewinnen." Schüler seien begeisterungsfähig, wenn man es richtig mache. "Für die kann Physik ein Abenteuer sein", so Dosch.