Mit der Umstellung auf die Winterzeit tun sich vor allem kleine Kinder schwer. Was Experten raten, um die Gewöhnung zu erleichtern.

Hamburg. Für viele ist es eine gute Nachricht: In der Nacht zum Sonntag können wir eine Stunde länger schlafen, denn dann endet in Deutschland die Sommerzeit. Weil die Uhren morgens um drei um eine Stunde zurückgestellt werden, "verlängert" sich die Nacht entsprechend. Vor allem jungen Leuten zwischen 14 und 29 Jahren gefällt das: 60 Prozent von ihnen freuen sich über die zusätzliche Stunde Schlaf, 28 Prozent sehen die Zeitumstellung als gute Einstimmung auf den Herbst, wie eine Studie der DAK ergab.

Weniger begeistert sind die 30-bis 59-Jährigen: Immerhin 14 Prozent von ihnen leiden vorübergehend gesundheitlich, fühlen sich etwa schlapp oder unwohl. Ganz besonders macht die Zeitumstellung im Herbst aber den Jüngsten zu schaffen, wie eine andere DAK-Umfrage zeigte: Demnach ist jedes zweite Kind unter drei Jahren und jedes dritte vier- bis sechsjährige Kind in den Tagen danach quengelig, müde oder leidet unter Schlafstörungen.

Für Wissenschaftler und Ärzte stellt sich das Problem nicht ganz so gravierend dar. "Kinder sind sehr anpassungsfähig. Die meisten können mit der Zeitumstellung relativ gut umgehen", sagt etwa Prof. Michael Schulte-Markwort, Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik des Uniklinikums Eppendorf und des Altonaer Kinderkrankenhauses. "Wenn Probleme auftreten, dann in der Regel nur ein bis zwei Tage", sagt der Schlafforscher Prof. Jürgen Zulley von der Universität Regensburg. Ganz anders sei dies bei der Umstellung auf die Sommerzeit am letzten Sonntag im März, wenn die Nacht um eine Stunde "verkürzt" wird. Dies könne den natürlichen Schlaf-wach-Rhythmus viel mehr durcheinanderbringen.

Doch auch kurze Leiden sind eben Leiden. Jürgen Zulley sagt, wer seine Kinder auf die Zeitumstellung vorbereiten wolle, könne sie am Sonnabend eine halbe Stunde länger aufbleiben lassen. Michael Schulte-Markwort hält eine Stunde für vertretbar. "Eltern können ihren Kindern zum Beispiel sagen, das sei wie in den Ferien. Und dann könnten sie mit ihnen zusammen in einem hellen Raum noch etwas spielen." Durch Helligkeit schüttet das Gehirn weniger Melatonin aus, jenes beruhigend wirkende Hormon, dessen Konzentration nachts stark ansteigt und erst gegen Morgen wieder abnimmt, wenn der "Wachmacher" Cortisol, ein Stresshormon, aktiv wird. Seien die Kinder am Sonnabend aber schon zur gewohnten Zeit sehr müde und wollten ins Bett, sollten Eltern diesem Wunsch nachkommen und keinesfalls erzwingen, dass die Kinder länger wach blieben, sagt Schulte-Markwort.

Wenn die Kinder am Sonntagmorgen nach der Zeitumstellung eine Stunde früher wach würden, weil sie durch ihren natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus an eine bestimmte Aufstehzeit gewöhnt seien, bringe es nichts, sie zum Weiterschlafen zu überreden. "Es macht keinen Sinn, dagegenzuhalten", sagt Schulte-Markwort. "Eltern sollten sich schon am Sonnabend absprechen, wer von beiden am Sonntag mit den Kindern früher aufsteht und sich mit ihnen beschäftigt."

Gemeinsam Brötchen für das Frühstück holen, einem Hörbuch lauschen, den Kindern eine Geschichte vorlesen - das seien Möglichkeiten, den frühen Start in den Tag sinnvoll zu nutzen. Am Sonntag könne es den Kindern guttun, viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen. Ab einem Alter von zehn Jahren falle die Zeitumstellung in der Regel auch den Kindern leichter, die vorher Probleme mit ihr hatten.

Ob Kinder oder Erwachsene - im Grunde leiden alle für eine Idee, die schon lange als fragwürdig gilt. Ausgelöst durch die Ölkrise 1973 und die Notwendigkeit, Energie zu sparen, beschloss der Bundestag ein Zeitgesetz, das die Einführung der Sommerzeit erlaubte. 1980 trat es in Kraft. Der Plan: Durch die Verschiebung der Zeit um eine Stunde nach vorne könnten die Deutschen im Sommer das Tageslicht länger ausschöpfen und müssten weniger Beleuchtung nutzen. Heute weiß man allerdings: Die Sommerzeit bringt nur sehr geringe Energieersparnisse - wenn überhaupt. Studien in Bulgarien und Frankreich 2005 und 2006 zeigten, dass sich der jährliche Energieverbrauch dieser Länder durch die Sommerzeit um gerade einmal 0,01 bzw. 0,014 Prozent reduzierte. Die Bundesregierung teilte bereits 2005 mit, dass die Zeitumstellung keine Energieersparnis bringe. Die Begründung glich der des Umweltbundesamts, das zu dem Schluss kommt: "Zwar knipsen die Bürger im Sommer abends weniger häufig das Licht an, allerdings heizen sie im Frühjahr und im Herbst in den Morgenstunden auch mehr - das hebt sich gegenseitig auf."

Etliche Experten haben deshalb schon gefordert, die Sommerzeit abzuschaffen. Das allerdings müssten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam beschließen, denn sonst gebe es Chaos im Binnenmarkt, teilte die Bundesregierung 2005 mit. Seitdem gab es zwar immer wieder Initiativen einzelner Politiker, die Sommerzeit abzuschaffen, aber keine EU-weite gemeinsame Initiative.