Der Weißwal produzierte in Tonhöhe und Rhythmus menschenähnliche Laute. Inzwischen lebt der Beluga aber nicht mehr.

London. Ein in Gefangenschaft lebender Weißwal kann menschliche Worte und Stimmen nachahmen. Er verändert dafür seine typischen, viel höheren Laute und passt sie auch im Rhythmus an das Muster unserer Sprache an. Das haben US-amerikanische Biologen zu ihrem eigenen Erstaunen festgestellt. „Nach sieben Jahren in unserer Obhut begann der NOC getaufte Beluga-Wal plötzlich, ungewöhnliche Töne zu produzieren“, berichten Sam Ridgway von der National Marine Mammal Foundation in San Diego und seine Kollegen im Fachmagazin „Current Biology“. Bei einem Tauchgang habe ein Taucher mehrfach deutlich das Wort „out“ gehört und zunächst angenommen, ein Kollege habe ihn zum Verlassen des Wassers aufgefordert. Doch die Quelle dieses Sprachlauts sei der Wal gewesen. Die Töne seien der eindeutige Beleg dafür, dass der Beluga gelernt habe, die Stimme des Menschen zu imitieren.

„Wir behaupten nicht, dass unser Wal ein so guter Imitator ist wie ein Papagei oder Star“, schreiben Ridgway und seine Kollegen. Aber die vom Beluga erzeugten Töne seien in Rhythmus, Lautstärkeverteilung und Frequenz denen der menschlichen Stimme sehr ähnlich gewesen – und denen normaler Walklänge sehr unähnlich. Später lernte der Wal sogar, auf Aufforderung menschenähnliche Laute von sich zu geben. Den Forschern gab dies Gelegenheit, genauer zu untersuchen, wie der Meeressäuger diese für ihn ungewöhnlichen Töne erzeugte.

Beluga-Wale (Delphinapterus leucas) erzeugen ihre Töne, indem sie Luft durch ihre in den Nasenhöhlen sitzenden Stimmlippen pressen. Als Folge entstehen die für die Echoortung benötigten hohen Klicktöne, aber auch Pfeiflaute und schnelle Tonpulse. Schon früher hatten Forscher vereinzelt berichtet, dass die Rufe von in der Ferne umherschwimmenden Weißwalen „wie eine Gruppe rufender Kinder klinge“. Eindeutige Belege dafür, dass die Meeressäuger tatsächlich menschliche Stimmen nachahmen, habe es aber nicht gegeben, sagen Ridgway und seine Kollegen.

Nach der Entdeckung seines Sprachtalents trainierten die Biologen den Wal NOC darauf, einem Pfiff mit den menschenähnlichen Tönen zu antworten. Über Mikrofon-Aufnahmen und einen in die Nase eingeführten Katheter konnten sie genauer untersuchen, wie der Wal diese Töne hervorbringt und welche Eigenschaften sie haben. „Die Grundfrequenzen dieser Töne lagen im Bereich von 200 bis 300 Hertz - sie sind damit der menschlichen Stimme ähnlich und liegen mehrere Oktaven unter den üblichen Lauten der Wale“, berichten die Wissenschaftler. Auch die Abfolge von Tönen und Pausen habe an Sprache erinnert.

Um diese Töne hervorzubringen, veränderte der Beluga den Druck in seiner Nasenhöhle, wie die Forscher berichten. Zudem habe er die Muskeln an den Stimmlippen angespannt und zuerst einen, dann auch den zweiten Luftsack stark ausgedehnt. „Unsere Beobachtungen zeigen, dass der Wal die Mechanik seiner Lauterzeugung extra verändern musste, um die menschenähnlichen Töne zu erzeugen“, sagt Ridgway. Eine so offensichtliche Bemühung deute auf eine große Motivation hin, mit dem Menschen in Kontakt zu treten. Der über Jahre enge Kontakt des Wals mit Menschen habe ihn vermutlich dazu bewegt. Inzwischen lebt der Weißwal NOC allerdings nicht mehr. Er ist nach fast 30 Jahren im Dienst der Forschung bei der National Marine Mammal Foundation gestorben.