Mit einem neuen Modell können Wissenschaftler Wahlen checken und Unregelmäßigkeiten aufdecken. Bei zwei Ländern wurden sie bereits fündig.

Wien. Mit einer neuen Analyseart von Auszählergebnissen können Wiener Forscher Wahlbetrug nachweisen. Russland und Uganda überführten sie schon, große Organisationen wenden die neu entwickelte Technik allerdings noch nicht an. Stefan Thurner und Peter Klimek von der Medizinischen Universität Wien checken mit statistischen Methoden Wahlergebnisse und können so mögliche Manipulation feststellen, berichten die Forscher in den „Proceedings“ der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften („PNAS“).

Das Model der Forscher funktioniert nur, wenn detaillierte Ergebnisse für einzelne Regionen vorhanden sind: Mit den abgegebenen Stimmen für die Parteien und der Anzahl der Wahlberechtigten jedes Wahlsprengels werden Diagramme erstellt. Optisch gleichen die Auswertungen aus europäischen Ländern oder den USA nur diffusen Wolken, die in der Mitte zweier Achsen angesiedelt sind. Bei starken Abweichungen im Wahlverhalten zeigt sich im rechten oberen Feld des Diagramms eine deutliche Verdichtung. Dies entsteht, wenn bei einer überdurchschnittlich hohen Wahlbeteiligung einheitlich für eine Partei abgestimmt wird – ein Hinweis, das etwas nicht stimmen kann.

Die Forscher unterscheiden zwei Formen des Wahlbetrugs: Beim sogenannten „Ballot Stuffing“ gibt es mehr abgegebene Stimmen als Wahlberechtigte, die alle für die selbe Partei stimmen. Beim „Extreme Fraud“ wird dagegen am Ende des Wahltages die gesamte Kiste mit vorgefertigten Stimmzetteln ausgetauscht. „Wenn wir Abweichungen entdecken, heißt es natürlich nicht, dass es zu 100 Prozent einen Betrug gab, aber ab einer gewissen Größe ist es schon sehr außergewöhnlich“, so Thurner.

Bei der Parlamentswahl von Russland 2011 zeigt ihre Auswertung beispielsweise deutliche Abweichungen von vergleichbaren Urnengängen.

„Ohne Manipulationen wäre Wladimir Putins Partei Geeintes Russland auf nur knapp 40 Prozent statt der offiziellen 50 Prozent gekommen“, sagte Thurner der dpa. „Ein Kollege ist eines Abends mit den gesamten Wahlergebnissen der russischen Parlamentswahlen auf einem Datenstick zu mir gekommen, und wir haben mit zwanzig verschiedenen Ansichten versucht, mögliche Unregelmäßigkeiten darzustellen“, so Thurner.

Auch bei den russischen Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr wie bei den Wahlen in Uganda 2011 vermuten die Forscher Manipulation. „Es gibt hier wahnsinnige Verzerrungen, die sofort daraufhinweisen, dass die Daten sehr verdächtig sind“, sagte Thurner. Die Wissenschaftler bieten ihr System auch online an, damit jeder Interessierte Wahlergebnisse auswerten und öffentlich machen kann. Aus den USA gab es bereits 20 Anfragen zur Analyse von Vorwahlen der Präsidentschaftswahl.