Seit 9500 Jahren sind Katzen Begleiter des Menschen, sie haben sogar einen eigenen Feiertag. Was macht die Beziehung so einzigartig?

Hamburg. Fritz legt sich erst einmal wieder hin, als Besuch kommt. Das kann er besonders gut. Fritz ist ein Britisch-Kurzhaar-Kater und wohnt bei Familie Rau auf der Uhlenhorst. "Er ist ein echtes Familienmitglied", lächelt Petra Rau, 51, "das sehen auch die so, die skeptisch waren, als Fritz zu uns kam." Ihr Mann Michael hatte sich vor vier Jahren eher überreden denn überzeugen lassen, als die Idee aufkam, einen Gefährten für Sohn Lasse, heute 12, zu suchen, und die Wahl auf dem Krohnshof in Brunsbek (Kreis Stormarn) auf den kleinen Fritz fiel. "Heute ist Micha derjenige, der sich in den Ferien Sorgen macht, ob es Fritz bei unserer Urlaubsvertretung auch gut geht", schmunzelt Petra Rau. Und der blonde Lasse möchte Fritz nicht mehr missen: "Er ist so weich und megafreundlich."

Streichelweich, schmeichelnd, schnurrend: Mit Katzen werden heute meist "sanfte" Adjektive in Verbindung gebracht. Aus dem Mäusejäger, der in seinem Nutzen für den Menschen lange im Schatten des Wachhundes stand, ist längst das Haustier Nummer eins geworden: Die Deutschen halten etwa 8,2 Millionen Miezen, die Zahl der Hauskatzen in Hamburg wird von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten auf 160 000 geschätzt. Mit dem Weltkatzentag am 8. August haben die Samtpfoten inzwischen sogar einen eigenen "Feiertag" bekommen. Aber was ist das Besondere an der Beziehung zwischen Menschen und Katzen? Was macht die Tiere, seit 9500 Jahren Begleiter des Menschen, denen vor 5000 Jahren in Ägypten die Gottheit Bastet gewidmet wurde, so einzigartig? Wie geht man richtig mit Katzen um?

+++ Der Jäger +++

Wenn sich Kater Fritz dreimal um die eigene Achse dreht und dann auf die Decke sinken lässt, zeigt er schon eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften. "Die Katze legt sich hin und genießt den Augenblick", so Tierpsychologin Ramona Meissner, 46, aus Rahlstedt. "Der Mensch legt sich hin und fängt an zu grübeln." Während Homo sapiens am liebsten mal weg ist, ist Felis silvestris catus einfach da. "Katzen vermitteln etwas Spirituelles, Meditatives und fördern die seelische Entwicklung, vorausgesetzt, man lässt sich auf sie ein", ist Meissner überzeugt. Dabei bleibt es zwischen der Samtpfote - die im Gegensatz zum Hund gerne auf Führung durch den Menschen verzichtet - und dem Zweibeiner bei einer Liebe auf Abstand. Den legt in der Regel die Katze fest. Wenn einem dann so ein unabhängiges Wesen Zuwendung schenkt, wird dies als besonderes Glück empfunden.

Hauskatzen sind von Natur aus friedliebend und sauber, "außer die Kommunikation zwischen Mensch und Tier ist gestört und die Individualdistanz nicht gewahrt", formuliert es Tierpsychologin Meissner, die seit elf Jahren Rat suchenden Katzenbesitzern hilft. Aggressiv wird eine Mieze in der Regel nur, wenn sie sich bedrängt fühlt. "Menschen meinen es nett, wenn sie jemandem lange in die Augen sehen. Die Katze empfindet es als Bedrohung." Gerade Männer neigten dazu, mit Kitten - so heißen kleine Katzen in der Fachsprache - robust zu spielen, bis sich diese mit Krallen und Zähnen wehren. "Und dann wundert man sich später, wenn das der sechs Kilo schwere, erwachsene Kater auch tut."

Dass vor allem Frauen die Minkis und Schnurrlis dieser Welt mögen, liege daran, dass das weibliche Geschlecht feinfühliger und emotionaler sei: "Die Sanftheit der Katze geht direkt ins Herz." Besonders Rassen mit rundem Kopf und großen Augen wie Perser oder Britisch Kurzhaar sprechen das ästhetische Empfinden an. Vielleicht erklärt das auch, dass unter prominenten Katzenliebhabern mehr Künstler als Feldherren zu finden sind. Autorin Elke Heidenreich schrieb erfolgreich Bücher über Kater Nero, Schriftsteller Ernest Hemingway ließ Dutzende von Katzen um sich herumspringen, und Maler Paul Klee hielt seine Tiere in Bildern fest ("Katze und Vogel"). Dagegen konnte Napoleon Bonaparte ebenso wie Julius Cäsar angeblich nichts mit den befehlsresistenten Schleichgängern anfangen.

Die historischen Führungskräfte wussten vermutlich nicht, dass Katzen auch in ihrer "technischen Ausstattung" einzigartig sind (siehe Kasten links). Ihre Gattung ist in Aussehen und Wesen im Gegensatz zu Hunden trotz Züchtungen relativ wenig verändert geblieben.

Auch wenn die Mehrzahl der Hauskatzen im Alltag meist aus der Dose lebt: Durch das Nachstellen von Vögeln machen sich frei laufende Katzen auch in Hamburg keine Freunde. Dass sie hingegen manche Beete als Ablagefläche ihrer Hinterlassenschaft nutzen, dürfte den Gartenbesitzer eigentlich mit Stolz erfüllen: Die Minitiger losen nur dort, wo es ordentlich ist. Katzenflüsterin Bessant empfiehlt: "Bieten Sie den Katzen der Nachbarschaft einen Haufen Sand in der Ecke an, und sie lassen die Beete in Ruhe."

Frei laufende Katzen bereiten Katharina Woytalewicz, 59, Chefin des Tierheims an der Süderstraße, immer größere Sorgen. "Wir würden es begrüßen, wenn es eine Verpflichtung gäbe, frei laufende Katzen zu kastrieren." Denn schon im Alter von sechs bis sieben Monaten sind die Tiere geschlechtsreif und bekommen Nachwuchs. Und nicht alle finden liebevolle Hände, viele landen im Tierheim: "Von den 432 Katzen sind allein 200 seit Ende Juni zu uns gekommen, über 100 sind Jungtiere", so Katharina Woytalewicz. Ein wachsendes Problem seien die Streuner in der Stadt: "In Hamburg schätzen wir die Zahl auf etwa 20 000, vor allem im Hafen und auf den Friedhöfen sind Gruppen von 20, 30 oder 40 Tieren unterwegs."

Rein oder raus mit der Katz? Diese Frage ist oft zentral für Katzenbesitzer. "Drinlassen oder nur auf der eingezäunten Terrasse, Balkon oder dem gesicherten Grundstück laufen lassen", empfiehlt Tierpsychologin Meissner - die Gefahren durch Katzenhasser oder Autos seien zu groß.

Fritz aus Uhlenhorst ist diese Frage egal. Er schläft am Küchenfenster mit Blick auf den Hof.