Hamburger Wissenschaftler haben das Stadtklima mithilfe des öffentlichen Nahverkehrs untersucht

Von Mai bis Oktober 2011 nutzten die Stadtklimaforscher des Instituts für Geographie am KlimaCampus 15 Busse der Hamburger Hochbahn für ein Projekt der besonderen Art: Ausgestattet mit Temperaturfühlern erfassten die Busse erstmals detailliert die Lufttemperatur im Innenstadtgebiet. Zwar liefern vereinzelte, fest installierte Messstationen schon länger Temperaturwerte, doch noch nie gab es in Hamburg über einen längeren Zeitraum ein so dichtes Messnetz. Die genaue Position der Busse erfasste ein GPS-System.

Die Idee, Thermometer an Bussen des öffentlichen Verkehrsnetzes anzubringen, stammt von Geografen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. In Hamburg war die Messkampagne jedoch umfangreicher, ebenso die Auswertung der Datenflut. Doch die Mühe hat sich gelohnt: Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass an heißen Tagen ein Spaziergang im Stadtpark angenehmer ist als in der Innenstadt. Dass zwischen Altstadt und Winterhude aber Unterschiede von fünf Grad bestehen, hat uns dann doch überrascht. Weiter voneinander entfernte Straßenzüge weisen sogar Differenzen von bis zu elf Grad auf.

Wie kann es zu solchen Schwankungen kommen?

Um diese Frage zu beantworten, legten wir die gemessenen Werte über einen von uns entwickelten Strukturplan Hamburgs, auf dem jeder Bebauungstyp, jeder Park und jeder Häuserblock festgehalten ist. Deutlich wird: Nicht nur im Stadtpark selbst ist es kühl, offenbar sorgt die größte zusammenhängende Grünfläche im Innenstadtgebiet auch in umliegenden Stadtteilen für angenehmere Temperaturen. Ursache sind Bebauungsdichte, Baumaterialien, Anteil von Grün- oder Wasserflächen - all dies hat Einfluss auf das lokale Stadtklima.

Wo ist also der geeignete Ort für einen Park oder ein Altenheim? Durch die Kombination unserer Daten mit denen der festen Stationen, Satellitendaten sowie Angaben städtischer Behörden entsteht ein detailliertes Bild. Betrachten wir all diese Informationen, kann daraus in einigen Jahren ein Stadtklimamodell entstehen. Mit dessen Hilfe werden Stadtplaner entscheiden können, wo Häuser gebaut werden können und wo Windschneisen oder Grün- und Wasserflächen notwendig sind. Insbesondere Wärmeinseln, also Zonen, in denen sich während einer Hitzeperiode auch nachts extreme Temperaturen halten, gilt es zu vermeiden.

Darüber hinaus helfen die Messwerte der Busse, Klimamodelle so zu verbessern, dass mittlere Temperaturänderungen der Zukunft auch für andere europäische Städte berechnet werden können, ohne dort erneut zu messen. Dabei spielt der räumliche Abstand zwischen den Messpunkten eine wichtige Rolle. Während bei globalen Klimamodellen eine Genauigkeit von etwa 100 Kilometern ausreicht, um die weltweite Temperaturverteilung darzustellen, sind beim Stadtklima viel kleinräumigere Berechnungen im 100-Meter-Bereich notwendig. Echtzeitdaten wie unsere helfen, diese Modelle zu verbessern und das Leben in der Stadt künftigen Klimaänderungen anzupassen.

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