Die Nasa schickt den größten Rover ins All, der jemals für die Planeten-Landung entwickelt wurde. Früher existierte auf dem Mars wohl Wasser.

Cape Canaveral. Gäbe es kleine grüne Männchen auf dem Mars, sie würden sich gehörig wundern: Mit tosenden Bremsraketen nähert sich ein unbekanntes Flugobjekt bis auf 20 Meter der Oberfläche - um dann an einem Seil ein sechsrädriges Fahrzeug von der Größe eines Geländewagen herabzulassen. So soll es aussehen, wenn "Curiosity" (Neugier), wie das Fahrzeug heißt, im August 2012 im roten Staub unseres Nachbarplaneten landet.

Los geht es an diesem Sonnabend: Läuft alles nach Plan, wird die Raumsonde um 16.02 Uhr mitteleuropäischer Zeit in Cape Canaveral mit einer Atlas-Rakete zu ihrer neunmonatigen Reise starten. Auf dem Mars soll Curiosity endgültig die Frage beantworten, ob es dort Leben gab - oder vielleicht noch heute gibt. 2,5 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) wird das Projekt der Nasa voraussichtlich kosten.

Ziel der Mission ist der 154 Kilometer große Krater Gale in der Nähe des Mars-Äquators. Der Zentralberg des Kraters erhebt sich fünf Kilometer über den Kraterboden. Messungen des Mars Reconnaissance Orbiters, der seit 2006 den Roten Planeten umkreist, zeigen dort Schichten aus sulfat- und tonhaltigem Gestein. Für die Nasa-Forscher ist dies ein Hinweis, dass es im Inneren des Kraters einst Wasser gab - die Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen.

Technik aus Kiel an Bord

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"Uns fasziniert Gale unter anderem, weil es sich um einen riesigen Krater in einer recht niedrig gelegenen Region des Mars handelt. Und wir wissen alle, dass Wasser immer bergab läuft", erläutert der Forscher John Grotzinger, ein Mitarbeiter der Mission. Der Zentralberg des Gale-Kraters ist zudem von Sedimentablagerungen umgeben, die sich über einen Zeitraum von 3,5 Milliarden Jahren angesammelt haben. "Hier liegt möglicherweise die gesamte Geschichte des Mars für uns bereit", sagt Nasa-Forscher Ashwin Vasavada. Schicht um Schicht können die Forscher hier die Entwicklung des Klimas in der Äquatorregion ablesen.

Die Ablagerungen soll Curiosity mit zehn raffinierten Instrumenten untersuchen. Gestein kann der Roboter etwa mit einem Laserstrahl erhitzen und verdampfen. Eine Kamera fängt die dabei freigesetzte Strahlung ein, untersucht ihr Spektrum und bestimmt daraus die chemische Zusammensetzung des Gesteins. Stößt Curiosity auf etwas Interessantes, fährt er seinen Roboterarm aus, der mit Bürste, Bohrer, Schaufel und Sieb ausgestattet ist.

Der Bohrer kann sich fünf Zentimeter tief in das Gestein fressen. Die pulverisierten Proben füllt der Roboterarm in eine Apparatur namens "ChemMin", wo Röntgenstrahlen die Kristallstruktur des Gesteins analysieren. Die Brechung der Strahlen zeigt, aus welchen Mineralien das Gestein besteht. Art und Menge der Mineralien erlauben Rückschlüsse auf Temperatur, Druck, Feuchtigkeit und andere Bedingungen bei der Entstehung der Stoffe.

Noch genauere Untersuchungen erlaubt ein "SAM" genanntes Minilabor. In zwei Öfen kann das Gestein bis auf 1100 Grad Celsius erhitzt werden, um flüchtige Stoffe auszugasen. Die Gase strömen durch ein Misch- und Trennsystem zu drei Instrumenten: einem Gas-Chromatografen, der individuelle Gase herausfiltert, einem Massenspektrometer, der die Masse der Moleküle eines Gases und so seine chemische Identität ermittelt und einem Laser-Spektrometer, der die Anteile der unterschiedlichen Kohlenstoff-Isotope in organischen Stoffen - also solchen auf Kohlenstoff-Basis - bestimmt.

Isotope sind chemisch identische Atome, die aber in ihren Atomkernen eine unterschiedliche Zahl von Neutronen besitzen. Die relative Häufigkeit von Kohlenstoff mit sechs oder sieben Neutronen erlaubt zum Beispiel Rückschlüsse darüber, ob Kohlendioxid oder Methan biologischen Ursprungs ist. "Wenn wir mehr leichten Kohlenstoff finden, stimmt das zumindest mit der Annahme überein, dass biologische Prozesse eine Rolle gespielt haben", sagt John Grotzinger.

"SAM" kann auch die sogenannte Chiralität der Moleküle untersuchen. Organische Stoffe kommen häufig in zwei geometrischen Varianten vor - links- und rechtsgedreht. Während nicht-biologische Prozesse beide Versionen gleich häufig produzieren, bevorzugen biologische Prozesse häufig eine der Drehrichtungen. "Wenn wir also mit 'SAM' nicht die gleiche Menge links- und rechtsgedrehter Moleküle eines Stoffes finden, dann können wir von einer biologischen Quelle ausgehen", sagt Michel Cabane vom "SAM"-Team.

Doch bis zu solchen Messungen ist es ein gefahrvoller Weg. Curiosity ist mit seiner Instrumentenlast fünfmal schwerer als seine Vorgänger Spirit und Opportunity. Deshalb musste sich die Nasa ein riskantes Landesmanöver einfallen lassen. Dabei wird das Roboterfahrzeug in mehreren Stufen auf dem Marsboden abgesetzt - zunächst per Fallschirm, dann mit Seilen. "Die sechs Minuten des Grauens" nennen die Raumfahrt-Techniker der Nasa die finale Landephase. Wenn aber alles gut geht, soll Curiosity mindestens zwei Jahre lang den Gale-Krater erforschen.

Neun Monate dauert der Flug zum Roten Planeten. Aber wie genau kommt die neue Nasa-Sonde eigentlich dorthin? Und was passiert bei der Landung? Zwei Videos liefern die Erklärung. www.abendblatt.de/wissen-marssonde