Lüneburger Ökologen untersuchen, wie die Heide besser mit zunehmender Trockenheit zurechtkommt und wie Pflanzen vitaler werden können.

Lüneburg. Die Überdüngung durch Stickstoffeinträge aus der Luft macht Pflanzen anfälliger gegenüber zunehmender Trockenheit durch den Klimawandel. Das zeigten Untersuchungen am Institut für Ökologie der Universität Lüneburg am Beispiel der Lüneburger Heide. Nun geht das Forscherteam unter der Regie des Biologen Prof. Werner Härdtle der Frage nach, wie sich die Heide fit machen lässt, um mit der prognostizierten Abnahme der Sommerniederschläge leben zu können. Die Wissenschaftler verfolgen zwei Ansätze: Optimale Pflege könnte die Vitalität der heimischen Heidekräuter stärken, und Varianten der Besenheide (Calluna vulgaris) aus traditionell trockeneren Regionen könnten die genetische Vielfalt und damit die Widerstandskraft der Pflanzengemeinschaft erhöhen.

Die Ökologen haben sich bereits auf die Suche nach stressresistenteren Artgenossen der Besenheide gemacht. Sie kultivierten Pflanzen, die am östlichen (kontinentalen) und am südlichen Verbreitungsgebiet gedeihen, in Sachsen-Anhalt und in Spanien. Beide Varianten schnitten beim Lüneburger Trockenheits-Stresstest weit besser ab als die heimische Heide, der dank atlantisch bestimmten Wetters von Natur aus meist genügend Wasser zur Verfügung steht. Die spanischen Pflanzen zeigten selbst unter schlechtesten Testbedingungen weniger Stress als das Lüneburger Heidekraut ohne Wassermangel.

Doch ob die robustere Verwandtschaft aus Südeuropa oder Ostdeutschland tatsächlich die heimische Heide langfristig stärken oder sogar teilweise ersetzen könnte, ist derzeit noch ungeklärt. Es gibt noch zu viele offene Fragen, etwa: Kommen die auswärtigen Pflanzen mit dem heimischen Wurzelpilz (Mykorrhiza) zurecht, der der Heidepflanze die Nährstoffe erschließt? Wenn dies der Fall ist, dann ließen sich die widerstandsfähigen Heidetypen einfach einsäen. Wenn nicht, so müssten sie mit eigenem Wurzelballen einreisen, also mühselig gepflanzt werden. Zudem ist fraglich, ob sie dieselben Funktionen im Ökosystem übernehmen können wie das heimische Kraut. Mögen die Insekten, die auf Heidepollen als Nahrung spezialisiert sind, auch die sachsen-anhaltinischen oder spanischen Pollen? Und schmeckt das auswärtige Grün dem Heideblattkäfer?

+++Schäfer in Sorge um Schnucken+++

+++Leichtes Erdbeben in der Lüneburger Heide+++

Härdtle und sein Team setzen lieber auf den zweiten Ansatz, die Vitalität der heimischen Besenheide zu stärken. "Sie wird bis zu 20 Jahre alt und erreicht ihre maximale Vitalität im Alter von fünf bis zehn Jahren", sagt Härdtle. "Durch Mähen, Beweidung oder gezieltes Abbrennen im Winter lässt sich vermeiden, dass der Bestand überaltert. Denn wenn das Kraut entfernt wird, wachsen aus den Wurzelstöcken junge vitale Triebe. Der Verein Naturschutzpark, der das Flächenmanagement betreibt, hat dies recht gut in Griff."

Dennoch hoffen die Forscher auf Optimierungspotenzial. "Wir wollen erarbeiten, welche Pflegezyklen optimal sind, um dann später mit dem Verein Naturschutzpark die Pflegepraxis zu diskutieren", sagt Werner Härdtle; ein Antrag beim Bundesforschungsministerium auf Fördermittel sei in Arbeit.

Die Pflegeeingriffe verjüngen nicht nur die Pflanzen, sie entfernen auch einen Teil des überschüssigen Stickstoffs. Pro Hektar Heide werden etwa 25 bis 30 Kilogramm Stickstoff aus der Luft eingetragen. Etwa zwei Drittel stammen aus der Landwirtschaft, die Stickstoff als Ammonium oder Ammoniak freisetzt. Das letzte Drittel liefern Stickoxide, Verbrennungsprodukte unter anderem aus dem Straßenverkehr. Die durch Luftverschmutzung gedüngten Pflanzen wachsen besonders gut, und das vor allem oberirdisch. Folge: Bei Trockenheit können die weniger stark mitgewachsenen Wurzeln das Blattwerk nicht mehr ausreichend versorgen.

Wie lässt sich der Stickstoff aus der Heide möglichst effektiv entfernen, ohne gleichzeitig an anderer Stelle ökologischen Schaden anzurichten? Dieser Frage gingen die Lüneburger in einer vorangegangenen Studie nach. Sie verglichen vier Managementmethoden: Beweidung mit Schafen, Mähen im Zehn-Jahres-Rhythmus, Abbrennen im Zehn-Jahres-Rhythmus, Abtragen der Heide inklusive der obersten, humushaltigen Bodenschicht (Plaggen, alle 30 Jahre). Dabei zeigte sich, dass bei den effektiveren Methoden (Beweidung, Plaggen) neben dem Stickstoff auch viel Phosphor ausgetragen wird. Er wird jedoch dringend gebraucht. Mähen oder Abbrennen schont den Phosphor, kann den Stickstoffüberschuss aber nur leicht verringern - und bei Weitem nicht ausgleichen.

Selbst ohne zusätzliche Trockenheit bedrohen die hohen Nährstoffgaben die Heidelandschaft. Härdtle: "Davon profitieren vor allem Gräser, allen voran das Pfeifengras. Es bildet durch den Stickstoff deutlich mehr Biomasse, der Zuwachs ist mehr als doppelt so groß wie bei den Heidepflanzen. Das betrifft noch stärker die Wurzeln. Die unterirdische Gräser-Konkurrenz gewinnt, das Gras überwuchert dann auch oberirdisch die Heide."

Überdüngte Böden, die dazu führen, dass Allerweltsarten die weniger robusten Liebhaber von Magerkost verdrängen, gebe es vielerorts, so Härdtle: "Weltweit steht die Stickstoffablagerung auf Rang drei unter den Ursachen des Artensterbens. An der Spitze bleibt die Vernichtung von Lebensräumen, etwa die Rodung der Regenwälder. Rang zwei belegt bereits der Klimawandel."