Karlsruher Forscher haben den ersten dreidimensionalen Tarnmantel gebaut. Bisher allerdings nur auf der winzigen Nano-Ebene.

Karlsruhe. Karlsruher Forscher haben einen winzigen „Tarnmantel“ entwickelt, der unsichtbar macht. Waren bislang nur die Materialien und die Theorie bekannt, wie sich vielleicht einmal eine Art „Harry-Potter“-Mantel schneidern lässt, so haben die deutschen Wissenschaftler nun zum ersten Mal Erfolg gehabt mit einem dreidimensionalen Modell. Dazu seien die Strahlen von infrarotem Licht umgelenkt worden, bestätigten Nicolas Stenger und Tolga Ergin vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) einen entsprechenden Bericht aus der jüngsten Ausgabe des US-Fachjournals „Science“ (Bd. 327).

“Wir können jetzt ein dreidimensionales Objekt verstecken, indem wir es unter einem „spiegelnden Teppich“ platzieren und den entstehenden Hubbel unsichtbar machen“, sagte Stenger auf Anfrage. In einjähriger Forschung entwickelte das Team um den Physiker Martin Wegener die Tarnkappe, die aus Polymerstäben im Abstand von einigen hundert Nanometern besteht. Die Struktur lässt den Spiegel-Teppich wieder flach erscheinen, sagte Ergin. Bislang wurde die Tarnkappe allerdings nur im Infrarotlicht getestet.

Grundlage für die Untersuchungen ist die Nanotechnologie. Für den Bau einer Tarnkappe sind sogenannte Metamaterialien notwendig, mit deren Hilfe die Lichtwellen in ihrer Ausbreitung beeinflusst werden und auf neue Bahnen gelenkt werden können. In der Natur kommen diese Materialien nicht vor, sie lassen sich aber künstlich herstellen. Metamaterialien erlauben, es ihre elektrischen und magnetischen Eigenschaften maßzuschneidern. „Die Theorie der Transformationsoptik gibt hierbei die benötigten Parameter vor - in dem Fall der Teppich- Tarnkappe ein sich räumlich ändernder Brechungsindex“, erklärte Ergin.

Bereits vor vier Jahren hatten Wissenschaftler aus den USA und England ein erstes Unsichtbarkeits-Konstrukt vorgestellt: Sie hatten einen zwölf Zentimeter messenden Ring aus mehreren Lagen Kupferdraht und Glasfaserfolien konstruiert, der auftreffende Mikrowellenstrahlung um sich herumführte - und im Schnittbild so aussah, als sei er gar nicht vorhanden. Die Technologie funktionierte allerdings nur zweidimensional und weitab von optischen Wellenlängen - was gleichzeitig bedeutet, dass die Tarnkappe aus der dritten Dimension heraus betrachtet sofort ihre Wirkung einbüßt. „Wir hatten in Karlsruhe die technischen Möglichkeiten, die Theorie in drei Dimensionen umzusetzen und eine frei stehende Struktur zu erzeugen“, sagte Stenger.

An einem schnellen Nutzen der „Tarnkappen“ zum Beispiel für die Rüstungsindustrie haben die Wissenschaftler kein Interesse. „Es wäre derzeit sowieso völlig unmöglich, einen Menschen oder einen Panzer unter solch einem Umhang zu verstecken“, sagte Stenger. Allein der Aufbau der Karlsruher „Kappe“ im Maßstab von einem hundert Millionstel Meter koste mehrere Stunden Zeit - und das Verfahren zu skalieren ist nicht so ohne weiteres möglich. „Die physikalische Grundlagenforschung, die wir hier betreiben, dient dazu Konzepte der Transformationsoptik zu demonstrieren - wenn auch an einem zugegebenermaßen faszinierenden Objekt“, sagte Ergin.