Kitzelt man die kleinen Affen an den Fußsohlen und unter den Achseln, reagieren sie genauso wie Menschen-Babys: Sie beginnen zu lachen.

"Tätäää - Tusch - bitte lachen!" Büttenreden und Faschingsveranstaltungen haben Hochkonjunktur. Die Reaktionen sind geteilt: Was dem einen die Lachtränen in die Augen treibt, quittiert der andere nur mit genervtem Augenrollen. Der amüsiert sich vielleicht lieber über den feinsinnigen Humor von Loriot. Lange hatten Wissenschaftler das Lachen nur Menschen zugetraut. Doch inzwischen wird immer klarer, dass es mit dem viel beschworenen tierischen Ernst nicht weit her ist. Die Geschichte des Lachens ist offenbar älter als die Menschheit.

"Es gibt keinen Zweifel mehr daran, dass auch Menschenaffen lachen können", sagt Elke Zimmermann vom Institut für Zoologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Ihre ehemalige Doktorandin Marina Davila Ross, die mittlerweile an der University of Portsmouth in Großbritannien arbeitet, ist schließlich nicht umsonst jahrelang von einem Zoo zum anderen gereist, um Affenkinder genau unter die Lupe zu nehmen. Denn die zeigen beim Spielen immer wieder Verhaltensweisen, die verblüffend an menschliche Heiterkeitsausbrüche erinnern.

So gibt es zwei ziemlich sichere Methoden, um ein Menschen-Baby zum Lachen zu bringen: Entweder man lacht es selbst an oder man kitzelt es an den Fußsohlen und unter den Achseln. Beide Tricks kennen die Menschenaffen auch. Spielende Orang-Utans zum Beispiel ziehen oft die Mundwinkel zurück und entblößen dabei die untere oder sogar beide Zahnreihen. "Oft dauert es dann nur eine Sekunde, bis ihre Gefährten das gleiche Spielgesicht machen", sagt Elke Zimmermann. Diese Mimik sieht also nicht nur ähnlich aus wie ein Lachen, sie ist auch genauso ansteckend. Und unter Schimpansenkindern gehört es zu den beliebtesten Spielen, einen Artgenossen kräftig durchzukitzeln. Das "Opfer" zeigt dabei nicht nur sein Spielgesicht, sondern macht sogar kichernde Geräusche.

Dieses hörbare Gelächter hat Marina Davila Ross, Elke Zimmermann und ihren amerikanischen Kollegen Michael Owren fasziniert. Können das alle Menschenaffen? Und lachen die einzelnen Arten vielleicht auch noch ganz unterschiedlich? Um das herauszufinden, brauchten die Forscher Tonaufnahmen der jeweiligen Laute. Der Plan sah also vor, Affenkinder gezielt zu kitzeln und ihre Reaktion aufzuzeichnen. Allerdings lässt keine Affenmutter freiwillig zu, dass ihr Nachwuchs an solchen Experimenten teilnimmt. "Wir konnten deshalb nur von Hand aufgezogene Zootiere mit menschlichen Bezugspersonen untersuchen", sagt Elke Zimmermann. Insgesamt 21 junge Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans sowie drei Menschenkinder lieferten schließlich mehr als 800 Hörproben von ihren Lautäußerungen. Auf allen war deutliches Gelächter zu hören.

Mithilfe einer sogenannten Computerspektrografie haben die Forscher Frequenz, Tempo, Rhythmus und andere physikalische Eigenschaften der aufgezeichneten Schallwellen genau analysiert. So entstanden akustische Fingerabdrücke des Gelächters, die sich dann mit einer speziellen Software miteinander vergleichen ließen. Mit ganz ähnlichen Rechenverfahren haben Molekularbiologen schon vor einigen Jahren die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Erbgut der verschiedenen Menschenaffenarten ausgewertet. Bonobos und Schimpansen haben sich demnach erst vor etwa sechs Millionen Jahren von der Entwicklungslinie des Menschen getrennt und sind damit seine nächsten lebenden Verwandten, Orang-Utans dagegen schon vor zwölf bis 14 Millionen Jahren.

Als Elke Zimmermann und ihre Kollegen nun die akustischen statt der genetischen Daten einspeisten, spuckte der Computer einen ganz ähnlichen Stammbaum aus: "Die Ähnlichkeiten in den Lauten spiegeln exakt die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den vier untersuchten Arten und dem Menschen wider", sagt die Wissenschaftlerin. Das eher hechelnde Orang-Lachen unterscheidet sich demnach noch am stärksten von menschlichen Heiterkeitsausbrüchen. Ein gekitzeltes Schimpansen- oder Bonobo-Kind dagegen hat zumindest schon einzelne Elemente in seinem Repertoire, die an ein typisches melodisches Menschenlachen erinnern. Ihr grundsätzliches Faible für Gelächter aber haben alle Menschenaffen und Menschen wohl schon vor Jahrmillionen von ihrem gemeinsamen Vorfahren geerbt. Vielleicht ist es sogar noch viel älter. Es gibt nämlich Hinweise darauf, dass auch weniger hoch entwickelte Affen, wie etwa die Makaken, beim Spielen ebenfalls kichern.

Lachen scheint also eine Fähigkeit zu sein, die sich im Laufe der Evolution bewährt hat. Nur wozu dient es? "Es geht offenbar darum, das Spielverhalten zu fördern", sagt Elke Zimmermann. So dauern die Spiele von kleinen Orang-Utans deutlich länger, wenn die Beteiligten zwischendurch ihr breit lächelndes Spielgesicht zeigen. Allein die Mimik signalisiert also schon: "Ich bin in Spiellaune, mach doch mit!" Das zusätzliche lautstarke Gekicher könnte zum Beispiel auch dabei helfen, Spielgefährten aus weiterer Entfernung anzulocken. Wer mehr lacht, kommt also besser ins Spiel. Und das kann ein entscheidender Vorteil sein. Denn beim gemeinsamen Rennen, Klettern und Balgen trainieren Affenkinder nicht nur ihre Geschicklichkeit und Körperkraft, sondern auch den richtigen Umgang mit Artgenossen. Je mehr sie spielen, desto mehr lernen sie also.

Ob die Tiere mit ihrem Gekicher auch noch andere Zwecke verfolgen, weiß bisher allerdings niemand so genau. Klar scheint aber schon zu sein, dass die Affen es bei Weitem nicht so vielseitig nutzen wie der Mensch. "Wir können unser Lachen ja auch ganz bewusst einsetzen, um andere im positiven oder negativen Sinn zu beeinflussen", sagt Elke Zimmermann. Auf die Idee, die Laune seiner Artgenossen in Lachklubs zu verbessern, ist bisher wohl noch kein Affe gekommen. Und auch das hämische Gelächter scheint eine rein menschliche Erfindung zu sein.