Der Dresdner Internist Prof. Gerhard Ehninger hat die Impfmüdigkeit von Medizinern und Pflegekräften kritisiert. "Es ist bekannt, dass es Abteilungen in deutschen Krankenhäusern gibt, wo kein einziger Mitarbeiter zur Impfung gegangen ist", sagte der Mediziner vom Universitätsklinikum Dresden.

In anderen Kliniken seien nur einzelne Mitarbeiter geimpft, auch in Geburtshilfeabteilungen. Genaue Statistiken jedoch fehlten bisher. Die teils sehr niedrige Zahl der Geimpften unter Ärzten, Pflegern und Schwestern sei "völlig unverständlich". Impfwilligen werde sogar unter Verweis auf Nebenwirkungen oder Harmlosigkeit der "natürlichen" Grippe von der Impfung abgeraten.

Zulassungsbehörden und die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts in Berlin bleiben dagegen auch unter Kenntnis der bisherigen Erfahrung bei ihrer positiven Bewertung der Impfstoffe. "Da sollte man sich auch einmal auf Expertengremien verlassen und Einzelmeinungen hinten anstellen."

"Aus der Entwicklung in der vergangenen Wintergrippensaison 2009 in Australien kann man ableiten, dass wir mit 500 Todesfällen bundesweit rechnen und weitere 1200 Erkrankte über längere Zeit beatmet werden müssen", sagte der Mediziner. In Australien habe das bereits zu Engpässen auf Intensivstationen geführt. "Teilweise mussten Routineoperationsprogramme eingestellt werden", mahnte Ehninger. Nach Erfahrungen früherer Pandemiewellen könnte eine zweite Erkrankungswelle im kommenden Jahr zu wesentlich höheren Krankheits- und Todeszahlen führen.

Die Angst vor der Schweinegrippe überschattet auch die Pilgerfahrten nach Mekka (Saudi-Arabien). Zweieinhalb Millionen Muslime werden derzeit zum Beginn der islamischen Pilgerfahrt Hadsch erwartet. Am Flughafen von Dschiddah sollen Wärmebildkameras Passagiere mit Fieber identifizieren. Die Herkunftsländer wurden gebeten, nur gesunde Erwachsene auf die Pilgerfahrt zu schicken.