Hamburg. Eine neue Gruppe von Medikamenten, die sogenannten Biologicals, scheinen die Hoffnungsträger in der Rheumatologie zu sein. Zum Siegeszug dieser Medikamente tragen neue Antikörper bei, die immer gezielter diese Autoimmunerkrankungen bekämpfen - Entzündungsprozesse, bei denen das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe wütet.

Die neuen Substanzen waren ein zentrales Thema auf dem US- Kongress für Rheumatologie, der kürzlich in Philadelphia stattfand. Das berichtet der Kongressteilnehmer Dr. Ivan Foeldvari, Kinderrheumatologe an der Schön-Klinik Hamburg-Eilbek, im Gespräch mit dem Abendblatt. In der Therapie des kindlichen Gelenkrheumas, einer der häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter, spielen die Biologicals eine immer wichtigere Rolle. Auf dem Kongress wurde eine finnische Studie mit 60 Patienten vorgestellt, die an einem Rheuma leiden, bei dem fünf oder mehr Gelenke betroffen waren und die weniger als sechs Monate krank waren. Die eine Gruppe erhielt das Rheumamedikament Methotrexat, die zweite Methotrexat und eine Kombination von klassischen Rheumamitteln und die dritte Methotrexat und ein Biological, einen TNF-Alpha-Blocker. Nach einem Jahr zeigte sich, dass bei allen Kindern, die TNF-Alpha-Blocker erhalten hatten, die Krankheit fast zum Stillstand gekommen war. Mit Methotrexat allein war das nur bei 25 Prozent zu erreichen.

"Wir kommen langsam dahin, dass wir diese Kinder rechtzeitig und gut therapieren können und ihnen eine gute Lebensqualität bieten können. Wir erreichen, dass die Erkrankung einschläft und dass 99 Prozent der Kinder keine dauerhaften Schäden an den Gelenken haben. Es gibt zwar immer wieder Schübe, aber mit den neuen Therapiekombinationen werden sie zunehmend seltener, dauern nicht so lange und verlaufen nicht so schwer", sagt Foeldvari. Und - anders als bei dem Gelenkrheuma der Erwachsenen - besteht auch die Chance, dass das Rheuma ganz verschwindet.

In Philadelphia ging es auch um die Entzündung der Regenbogenhaut im Auge, der sogenannten Uveitis, die bei zehn Prozent aller kleinen Patienten auftritt. Das Tückische ist: Die Augen sind weder gerötet noch schmerzhaft, aber die Erkrankung kann zur Erblindung führen. "Entdeckt wird sie meistens durch Zufall oder wenn die Kinder zum Augenarzt geschickt werden, weil sie andere Rheumasymptome haben. Aber die Uveitis kann man heute sehr gut behandeln", sagt Foeldvari. Mittel der ersten Wahl sind Cortison-Tropfen. Helfen sie nicht, wird auch hier Methotrexat eingesetzt. Reicht das nicht aus, verschreibt der Arzt einen TNF-Alpha-Blocker. "Doch es gibt immer noch 40 Prozent, die auf diese Therapien nicht ansprechen", sagt Foeldvari. Für sie verspricht eine neue Studie Hoffnung, die auf dem Kongress vorgestellt wurde. Danach kann ein neueres Biological, das gezielt die Bildung von Entzündungshormonen vermindert, auch bei den Patienten eine Besserung erzielen, die auf die anderen Therapien nicht ansprechen.

Eine seltene rheumatische Erkrankung, die bisher noch kaum erforscht ist, ist die Sklerodermie. Sie kommt in zwei Formen vor. Die harmlosere Variante tritt nur an der Haut auf. Dabei kommt es zu örtlich umschriebenen Verhärtungen des Unterhautgewebes. Gefährlicher ist die Form, die den gesamten Körper befallen kann. Die Verhärtungen des Bindegewebes an inneren Organen können dann z. B. zu Verengungen der Blutgefäße in der Niere führen. Auf dem Kongress wurden dazu fünf weltweite aktuelle Forschungsprojekte vorgestellt. Ihr Ziel, die Krankheit besser kennenzulernen, um Therapien gezielter einzusetzen. "Ich leite ein weltweites Projekt, in dem wir weltweit Patienten erfassen, die an der Form der Sklerodermie leiden, die den gesamten Körper betrifft. Sie werden alle sechs Monate untersucht, um genauere Erkenntnisse über den Verlauf der Erkrankung zu gewinnen", sagt Foeldvari.